Geduld ist nun mehr denn je gefragt
Der Andrang für die Impfungen ist zeitweise sehr hoch
Dr.Burkhard Jahn ist Hausarzt in Schortens.
Oldenburg – Nicht nur jedem Einzelnen von uns macht die Corona-Pandemie zu schaffen. Auch viele Arztpraxen stehen derzeit vor besonderen Herausforderungen. Im Interview berichtet der Hausarzt und Kolumnist Dr. Burkhard Jahn aus Schortens über das Impfen im Allgemeinen und den manchmal recht schwierigen Umgang miteinander.
Die vierte Corona-Welle hat uns leider inzwischen voll im Griff. Da ist es doch sicher gut, dass insbesondere bei BoosterImpfungen die Nachfrage sehr groß ist, oder
Da kann ich uneingeschränkt mit Ja antworten. Ich kann es zwar nur aus der subjektiven Sicht aus meiner Praxis sagen, aber ich denke, das ist an vielen Orten in der Region so.
Schließlich ist es nicht nur von der Politik so gewünscht, sondern wir alle wollen ja letztendlich diese ätzende CoronaLage besiegen.
Wie empfinden Sie ansonsten die Impfbereitschaft in der Region
Die Impfbereitschaft ist vorhanden, es gibt aber teilweise auch eine Verunsicherung und daher umso mehr Gesprächsbedarf, wobei eine gute Beratung natürlich auch unsere Aufgabe ist.
Bei einigen Patienten ist sowohl die Angst vor einer möglichen Erkrankung als auch vor dem Impfstoff da. In meiner Praxis wird mittlerweile nur noch mit Biontech geimpft, welches ein hohes Maß an Vertrauen genießt.
Für Sie und Ihr Team und natürlich auch für alle anderen Arztpraxen ist dieser erneute Andrang ja nicht nur mit dem Impfen an sich getan...
Das stimmt. Die Grippe-Impfung und damit auch das derzeitige Impf-Doppel neigt sich zum Glück ihrem Ende zu. Und neben dem normalen Praxis-Alltag kommen derzeit auch sehr viele Fragen bezüglich der Corona-Impfung, beispielsweise zum Boostern, der Wirksamkeit oder den Nebenwirkungen per Mail oder Telefon.
Insofern ist es insbesondere für meine Mitarbeiterinnen ein ziemlicher Mehraufwand, der zeitweise sehr belastend ist.
Immer wieder hört man davon, dass Patienten im Umgang mit Ärzten und deren Mitarbeitern aggressiv werden. Haben auch Sie bereits solche Erfahrungen gemacht
Wir bemerken, dass einige Menschen ungeduldig werden und ihren Ärger dann auch manchmal an meinen Mitarbeiterinnen auslassen. Mit Beginn der Booster-Impfungen kamen auf einmal wieder sehr viele Patienten in meine Praxis. Das war wie eine Welle. Natürlich ist es uns ein wichtiges Anliegen, so viele Menschen wie möglich zu impfen, manchmal sind es bis zu 60 Menschen pro Tag. Und manchmal sind da leider auch Menschen dabei, die richtig aggressiv werden und ihr gutes Benehmen vergessen haben. Es kann auch vorkommen, dass einer in der Schlange anfängt zu meckern oder zu pöbeln, und dann folgt der Zweite, dann der Dritte… Das führt nicht nur bei den Wartenden
zu Stress sondern auch bei meinen Mitarbeiterinnen. Was aber auch immer wieder zu beobachten und für uns alle sehr schön ist: Einige solidarisieren sich dann auch mit dem Praxisteam.
Hat sich dieses Verhalten im Gegensatz zu den anderen Corona-Hochzeiten geändert
Das Verhalten ist schon recht ähnlich. Die Leute sind genervt und manche Patienten erlauben sich, ihrer schlechten Laune freien Lauf zu lassen. Was sie nicht registrieren: Dass dies wieder zu ihnen zurückkommen wird. Natürlich gehen hier auch Unsicherheit und Aggression Hand in Hand. Verstärkt wird das Ganze noch durch die kalte und dunkle Jahreszeit, die eh stark aufs Gemüt drückt. Jeder trägt Verantwortung und hat in seinem Umfeld die Möglichkeit, dazu beizutragen, dass möglichst viele gut durch diese
Zeit kommen. Geduld und Akzeptanz sind jetzt gefragt, denn es ist für alle eine schwierige Situation. Und wir als Hausärzte versuchen natürlich auch, unseren Teil dazu beizutragen, dass es bald wieder besser wird.
„Jeder Mensch hat Respekt verdient. Das gilt für Sie, liebe Leserin und lieber Leser, aber natürlich auch für alle anderen Menschen, mit denen Sie tagtäglich zu tun haben! Und wenn es – gerade momentan – mal nicht so schnell geht wie gewohnt, dann ist das eben so. Sie können sicher sein, dass das medizinische Personal aktuell überall sein Bestes gibt – in den Kliniken genauso wie in den Praxen. Aber es ist eben eine besondere Situation.
Vielleicht ist es eine gute Übung, gerade momentan und gerade, wenn es irgendwo mal ein bisschen hakt, besonders verständnisvoll und freundlich zu sein!“
Dr. Burkhard Jahn