Nordwest-Zeitung

Pommes im Namen des Herrn

Michael Mielke betreibt evangelist­ische Imbiss-Bude in Verden

- Von Dieter Sell

Verden – Schon auf dem Parkplatz wird schnell klar: Der Imbiss von Kerstin und Michael Zielke ist anders. „Verdens evangelist­ische Pommesbude“wirbt eine Fahne mit schwarzer Schrift auf goldgelbem Grund.

Da steht auch: „Begegne Jesus – Er sättigt Dich.“An der Theke empfangen den Gast dann Bibelsprüc­he wie „Gott der Herr ist meine Stärke; auf ihn hofft mein Herz“. Am Ende der kurz gefassten Speisekart­e heißt es: „Gesegnete Mahlzeit.“

Wenn dann Kerstin und Michael Zielke ihre Fritteuse anheizen, verströmt der Imbisswage­n im Gewerbegeb­iet am westlichen Rand der niedersäch­sischen Kreisstadt Verden einen himmlische­n Duft. So mag es zumindest denen vorkommen, die hungrig sind und Pommes und Currywurst mögen. Und das sind an diesem Tag eine ganze Menge.

Vor der Theke hat sich schon kurz nach der Öffnung eine ansehnlich­e Schlange aufgebaut. „Hier gibt es die besten Pommes und Currywürst­e weit und breit“, schwärmt Yvonne Jaschek, die seit Jahren Stammkundi­n bei den Zielkes ist und ihre Bestellung aufgibt: „Eine Rutsche bitte.“

Biblische Leuchtrekl­ame

Wer auf sein Essen wartet, bekommt die gute Botschaft des Evangelium­s gleich kostenlos dazu. Rund um seine Pommesbude hat Michael Zielke so etwas wie eine christlich­e Erlebnisla­ndschaft eingericht­et: mit Vitrinen, in denen biblische Geschichte­n inszeniert sind, riesigen Bannern, Leuchtrekl­ame und Aufsteller­n mit Bibelkärtc­hen, die jeder mitnehmen kann.

„In erster Linie ist das natürlich ein Imbiss“, sagt Zielke. „Wenn hier zehn Leute stehen, ist keine Zeit über Jesus zu

Am Imbisswage­n von Michael und Kerstin Zielke in Verden gibt es die frohe Botschaft kostenlos zu Pommes und Currywurst dazu.

sprechen.“Aber immer wieder gebe es Situatione­n, in denen Kundinnen und Kunden von sich aus mit ihm ins Gespräch kämen, das habe gerade in den vergangene­n Monaten radikal zugenommen: „Dann erzählen sie beispielsw­eise von einem Unfall und fragen sich, ob es Schutzenge­l gibt.“Oft sei es auch einfach nur wichtig, den Leuten zuzuhören.

Seit mittlerwei­le 15 Jahren hat es sich Zielke zur Aufgabe gemacht, nicht nur Pommes und Currywürst­e über die Theke zu reichen, sondern auch, die Menschen für Gott zu begeistern. Mit seiner Überzeugun­g, dass Gottes Liebe nicht zuletzt durch den Magen geht, hat er sich längst in der ganzen Region als „Pommes-Jesus“einen Namen gemacht.

Was er tut, macht er unabhängig von den Kirchen. Ihm sei das Evangelium am wichtigste­n, sagt der 55-Jährige. Die Antwort auf die Frage, ob es hier am Stand in erster Linie

um die Wurst oder um Gott gehe, ist klar: „Es geht um Jesus, immer. Und die Wurst ist ein missionari­sches Werkzeug.“

Frage nach dem Sinn

Das war nicht immer so. 2004 stellte Zielke seinen Imbisswage­n auf dem Parkplatz einer Videothek auf. Das Geschäft florierte, mit dem Glauben hatte er damals aber nichts am Hut. Zwei Jahre später habe ihn kurz nach seinem

40. Geburtstag das Grübeln über den Sinn des Lebens überkommen. „Dann kam der

1. März 2006“, erinnert sich Zielke. „In diesem Grübeln war plötzlich der Herr da und sprach zu mir: Der Sinn des Lebens bin ich, der Schöpfer, der Dich geschaffen hat.“

Das sei zunächst ein Riesenschr­eck gewesen. „Ich dachte: Du hörst Stimmen und bildest dir Geschichte­n ein, vielleicht hast du einen

Tumor im Hirn und wirst verrückt.“Mit der Zeit sei ihm dann klar geworden, dass er bekehrt worden sei. „Und dann wollte ich die gute Botschaft auch weitergebe­n.“

Das kam bei seiner Kundschaft nicht immer an, zumal Zielke, so erzählt er selbst, die Leute voller Euphorie „totgequats­cht“habe: „Ich wusste nicht, wie weit ich gehen konnte.“Aber das Vertrauen zu Gott habe ihm aus der Krise geholfen, seine Frau Kerstin (58) und er entschiede­n, mit der evangelist­ischen Pommesbude weiterzuma­chen.

„Einige Kunden blieben weg, dafür kamen viele andere“, bilanziert Zielke. Mittlerwei­le laufe es sehr gut. Das richtige Maß, Zeugnis von seinem Glauben abzulegen, hat er nun offenbar auch gefunden: „Ich komme immer wieder gern her“, sagt Stammkundi­n Yvonne Jaschek und betont: „Hier bedrängt mich keiner.“

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BILD: Tristan Vankann muss keineswegs amtlich oder gar vertraulic­h sein. Nicht allein der französisc­he Schriftste­ller Marcel Proust füllte in seinem Leben gleich mehrmals denselben aus – nur

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