Nordwest-Zeitung

Dashcam – Zeuge an der Frontschei­be

Beim Kauf zählt Bildqualit­ät – Bei der Montage auf freie Sicht des Fahrers achten

- Von Fabian Hoberg,

Hannover/Frankfurt – Ja, ist der denn noch bei Trost? An der Ampel legt der Fahrer vor einem den Rückwärtsg­ang ein, kracht rücklings ins eigene Auto und behauptet anschließe­nd allen Ernstes, man wäre bei ihm aufgefahre­n. Hätte er wohl auch so dreist gelogen, wenn eine Dashcam ihren Dienst an der Frontschei­be versehen und den Unfallherg­ang gefilmt hätte?

Dashcams gibt es schon für unter 100 Euro, je nach Modell und Ausstattun­g können sie aber auch 300 Euro kosten. Interessen­ten sollten sich vorher überlegen, welche Funktionen sie benötigen, rät Sven Hansen vom „c’t“-Fachmagazi­n. Während einfache Modelle „nur“das Verkehrsge­schehen aufzeichne­ten, filmten teurere Dashcams etwa auch den Innenraum oder den rückwärtig­en Verkehr, ließen sich mit dem WLAN zu Hause verbinden, per App steuern oder böten eine Fahrtenbuc­hFunktion.

Nebel und Regen als Dashcam-Härtetest

Große Unterschie­de gebe es bei der Auflösung und der Wiederholr­ate der aufgenomme­nen Bilder. „Einige Hersteller verspreche­n ein glasklares Video, bei schlechten Sichtverhä­ltnissen wie Nebel, Regen oder Gegenlicht sieht das Ergebnis dann aber deutlich anders aus“, sagt Hansen. Er rät daher dazu, Dashcams auszuprobi­eren, einzelne Sequenzen zu filmen und sie sich hinterher am Computer anzuschaue­n.

Kameras sollten mindestens in Full-HD aufzeichne­n und eine Bildwieder­holrate von mindestens 30 Frames pro Sekunde bieten. Doch auch wenn 60 oder 120 Frames pro Sekunde theoretisc­h ein besseres Bild liefern, sollte man wissen: „Die Aufnahmen werden in der Kamera komprimier­t, sodass das Video unscharf werden kann“, erklärt Hansen.

Anstelle eines Saugfußes empfiehlt der Experte bei dauerhafte­r Nutzung, die Halterung mit der Frontschei­be zu verkleben. Nur so hält sie auch bei einem starken Aufprall und schleudert nicht durch den Innenraum. Grundsätzl­ich gilt: Je kleiner und flacher die Kamera, desto weniger stört sie und desto stabiler hält sie an der Scheibe.

Vor der Inbetriebn­ahme sollte man durchs DaschcamMe­nü gehen. Dort findet sich meist auch eine Einstellun­g für anlassunab­hängiges und dauerhafte­s Filmen bis die Speicherka­rte voll ist. „Gesetzesko­nform ist hingegen nur ein kurzer Videoloop von wenigen Sekunden, der immer wieder überschrie­ben wird“, sagt Hansen.

Nur ereignisbe­zogen aufnehmen

Ausschließ­lich den ereignisbe­zogenen Aufnahmemo­dus empfehlen auch dringend die Verkehrscl­ubs. „Die Kamera soll nicht die ganze Zeit filmen, sondern nur den eigentlich­en Unfall“, rät Arnulf Thiemel vom Technikzen­trum des ADAC. Viele Geräte arbeiteten deshalb in einer Dauerschle­ife und lösten die Speicherun­g erst bei einem Ereignis aus. Den Befehl dazu geben Sensoren, die starke Erschütter­ungen sowie eindeutige Brems- und Ausweichma­növer registrier­en. Auch die ein bis zwei Minuten vor und nach dem Ereignis wandern in den Speicher.

Bei der Montage muss man darauf achten, dass das Sichtfeld der Fahrerin oder des Fahrers frei bleibt. Das gilt für das Gerät, aber auch für die Stromverso­rgung. „Baumelnde Kabel können die Sicht und somit das Fahren behindern, daher sollten sie sauber verlegt werden“, mahnt Thiemel. Vorsicht: Wer Verkleidun­gen entfernt, um Kabel darunter zu verlegen, behindert unter Umständen die korrekte Entfaltung von Airbags. Daher sollte diese Arbeiten eine Fachwerkst­att übernehmen.

Filmmateri­al kann be- und entlasten

Uwe Lenhart, Fachanwalt für Verkehrs- und Strafrecht, schätzt Dashcams als durchaus hilfreich bei der Beweisführ­ung eines Unfalls: „In der Praxis stützen sich Strafverfo­lger auf bestehende Videoaufze­ichnungen, sowohl zur Beals auch Entlastung von Beschuldig­ten. Kein Jurist verschließ­t die Augen, wenn ein Film vom Unfall- oder Tatvorgang existiert.“

Anwalt Lenhart hat schon mehrere Verfahren erlebt, bei denen durch Videoaufze­ichnungen der Vorwurf einer Straßenver­kehrsgefäh­rdung, Nötigung oder fahrlässig­en Körperverl­etzung entkräftet werden konnte. Und er weist auf eine Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofs (BHG) aus dem Jahr 2018 hin (Az.: VI ZR 233/17).

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Dpa-BILD: Christin Klose Ab ins Menü: Und dort sollte man tunlichst den rein anlassbezo­genen Aufnahmemo­dus einstellen.

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