Wir stehen unter Zeitdruck
Keiner hatte erwartet, dass zu Silvester die Sektkorken knallen würden. Jetzt fällt die Feier erneut aus. Dem Impfunwillen einer Minderheit in der Bevölkerung geschuldet, gepaart mit der lange unterlassenen Hilfeleistung im Wechsel von der einen zur anderen Bundesregierung.
Statt der erforderlichen Härte regierte zuletzt nur noch Stillstand. Die Quittung zahlen nun nicht nur der Einzelhandel mit einem unerwartet schlechten Auftakt des Weihnachtsquartals und neuer Existenzängste, sondern wir alle. Mit dem Auftauchen der neuen Virusvariante Omikron stehen der deutschen Wirtschaft schwere Monate bevor.
Der stärkste wirtschaftliche Rebound nach einer Krise: verflogen in der Unfähigkeit zu handeln, die Impfquote zu steigern. Wegen Omikron erlassen Staaten weltweit bereits neue Beschränkungen.
Langwierige Unterbrechungen der Lieferketten sind nun nicht mehr ausgeschlossen, was eine hohe Inflation tatsächlich zementieren könnte.
Die Abwägungsprozesse, mit denen Zentralbanken konfrontiert sind, verschärfen sich. Denn Gewerkschaften könnten ihre bislang moderaten Lohnforderungen künftig erhöhen, wodurch das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale real würde. Wobei die US-Notenbank mit Zinserhöhungen der Inflation entgegensteuern kann, da sich US-Wirtschaft und Arbeitsmarkt viel robuster zeigen als in Europa, die Leitwährung Dollar vor Schaden gefeit scheint.
Der EZB sind dagegen die Hände gebunden. Sie muss für einen Wirtschaftsraum mit 19 unterschiedlich starken Euroländern, die alle dieselbe Währung haben, agieren, wobei selbst die stärksten Euroländer aktuell kaum mehr wachsen. Ein Gefangenen-Dilemma.
Es gibt kein Vertun: Die Euroregierungen müssen handeln. Italien hat es vorgemacht. Mit strategischem Vorgehen, einem Expertenstab, nüchterner Effizienz und nicht zuletzt Druck hat Ministerpräsident Draghi die Pandemie derzeit unter Kontrolle. Auch Österreich und Griechenland
greifen zu härteren Bandagen, um die Impfquote zu steigern. Dabei ist nicht allein die Aussicht auf eine Impfpflicht entscheidend, sondern drohende Geldbußen für Impfverweigerer, die den Ernst der Lage und die Notwendigkeit zum Dienst an der Allgemeinheit partout nicht erkennen. Geld ist ein scharfes Schwert.
Neukanzler Olaf Scholz muss selbst beweisen, dass unter Druck Diamanten entstehen. Die ersten Schritte hat die neue Regierung endlich getan. Jede Zeit hat ihre eigenen Gesetze. Doch erinnert sei an die Pandemie der 1920er Jahre als die Spanische Grippe in drei Pandemiewellen nicht nur Millionen Menschenleben forderte, sondern die Widerstandsfähigkeit der Nationen und auch der Wirtschaft schwächte. Was, zusammen mit den gravierenden, politischen Verwerfungen in der Folge letztlich zu einer Weltwirtschaftskrise führte. Mit den ImpfstoffGegenmitteln einer nicht nachlassenden Wissenschaft sind wir heute in einer weit besseren Situation. Der Verbündete des Virus aber ist die Zeit. Wir haben keine Sekunde mehr zu verlieren.
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