Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Süchtig nach Anerkennung
Tobt sich in den sozialen Netzwerken eine neue Generation der digitalen Narzissten aus? Experten warnen davor, sich im Netz zu verlieren
und Follower werden so zum digitalen Suchtmittel, vergleichbar mit Alkohol.“
Menschen, die Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl haben, brauchen besonders viel Zuspruch, um sich geschätzt zu fühlen. Im Netz können sie die Facetten ihrer Persönlichkeit betonen, die auf Zuspruch stoßen, oder solche kreieren. Natürlich sei es verführerisch, sich auf diese Weise Zuspruch zu holen, sagt te Wildt – „gleichzeitig vernachlässigt man darüber aber das, was in der realen Welt Wertschätzung oder, noch besser, Zuneigung einbringen könnte“. Wer sich darin verfange, könne auf Dauer nur frustriert daraus hervorkommen, weil sein reales Leben verarme.
Der narzisstische Konflikt führe so nicht selten in die Depression. Doch wann wird aus einer besonders aktiven Nutzung sozialer Netzwerke eine krankhafte Fixierung darauf? „Aus suchtmedizinischer Perspektive verläuft die Grenze dort, wo ein Lebensbereich beginnt, Schaden zu nehmen“, erklärt te Wildt. Wenn jemand ständig mit dem eigenen Selbstbild beschäftigt sei, könne das zu Konzentrationsproblemen führen, zu Konflikten mit Freunden und Familie bis hin zur Vernachlässigung aller realen Beziehungen.
Das betrifft gar nicht nur die Millennials, sondern auch Kinder und Jugendliche. Wenn Hobbys und Unternehmungen schwinden, aus denen die Kinder bisher positiven Selbstwert gezogen haben, sollten Eltern alarmiert sein. „Zählt nur noch die virtuelle Belohnung, besteht die Gefahr, dass sich jemand im Netz verliert.“