Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Front National
Paris. Der rechtsextreme Front National (FN) ist seit Jahrzehnten eine politische Größe in Frankreich. 1972 von Jean-Marie Le Pen gegründet, konnte der FN 1984 erstmals für Aufsehen sorgen: Bei den Europawahlen erreichte die Partei fast elf Prozent.
Von Anfang an setzte der FN auf die Themen Einwanderung und Sicherheit. Le Pen provozierte, wurde mehrfach etwa wegen Anstachelung zum Rassenhass verurteilt. Größter Erfolg war der Einzug in die Stichwahl um die Präsidentschaft 2002.
Wenige Jahre später schien der FN wieder in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen. Das änderte sich, als Marine Le Pen 2011 den Parteivorsitz übernahm. (dpa) Paris/Berlin. Europa blickt am Sonntag nach Frankreich: Dann beginnen im Nachbarland die Präsidentschaftswahlen, bei denen ein Sieg von Front-National-Chefin Marine Le Pen denkbar ist. Sollte die rechte EU-Gegnerin Präsidentin werden, könnte dies das Ende der EU einläuten. Auch in Deutschland steht eine rechte Partei am Wochenende im Fokus: In Köln will die AfD ihr Programm für die Bundestagswahl beschließen. Aber ein verschärfter Machtkampf und sinkende Umfragewerte machen der Partei zu schaffen – und auch in anderen EU-Ländern verfehlten Rechtsausleger zuletzt ihre Ziele. Schon sprechen Experten von einer „Trendwende“. Eine Bestandsaufnahme:
Deutschland: Seit Frauke Petry kurz vor dem Bundesparteitag der AfD erklärt hat, dass sie als Spitzenkandidatin nicht zur Verfügung steht, ist nicht nur ihre politische Zukunft offen – auch ihre Partei schlingert. Landete die AfD Anfang des Jahres in Umfragen noch bei bis zu 15 Prozent, sind es inzwischen weniger als zehn. „Die Flüchtlingsfrage war ein Magnet für die AfD – seit die Diskussion darüber abflaut, verliert die Partei wieder in Umfragen“, sagte Forsa-Chef Manfred Güllner dieser Zeitung. Auch die Zerrissenheit in der Parteispitze verschrecke Wähler. Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen sieht das anders: „Der Rückgang in den Umfragen liegt vor allem am Rechtsruck der Partei“, so Jung. „Bürgerliche AfD-Wähler schreckt das ab.“Die Zerstrittenheit an der Spitze interessiere dagegen wenig. Jung rechnet damit, dass die AfD ihren Höhenflug hinter sich hat, aber bleibt: Es gebe eine Berechtigung für eine rechte Partei – genauso wie für eine linke. „Die AfD dürfte auf Dauer bei sieben bis acht Prozent stehen.“
Frankreich: Front-NationalChefin Marine Le Pen hat beim ersten Wahlgang am Sonntag nach Umfragen gute Chancen, es in die Stichwahl am 6. Mai zu schaffen. Dass sie im zweiten Durchgang den Sieg einfährt, ist nicht wahrscheinlich, aber möglich. Sie heizt seit der Flüchtlingskrise gezielt Ressentiments gegen muslimische Ausländer an, bemüht sich aber um ein bürgerliches Image. Mit Erfolg: Bei der Europawahl 2014 wurde der FN mit fast 25 Prozent der Stimmen stärkste Partei. Würde die EUGegnerin tatsächlich Präsidentin, geriete der Euro schnell in Turbulenzen. Ob die Wähler in Frankreich ein solches Risiko wirklich eingehen wollen, ist offen.
Österreich: Präsidentschaftswahlen im vergangenen Dezember haben den Rechten
Die in der Alpenrepublik einen Schlag versetzt. Die FPÖ hatte auf den Sieg ihres Kandidaten Norbert Hofer gesetzt. Doch es siegte der Grüne Alexander Van der Bellen. Die große Koalition von SPÖ und ÖVP hat längst auf die Politik der FPÖ reagiert, zeigt eine härtere Hand gegen Asylbewerber und Ausländer. Ergebnis: Die sozialdemokratische SPÖ führt in den Umfragen und verdrängte die FPÖ auf
Platz zwei.
Niederlande: Vor den Parlamentswahlen im März träumte der Rechtsausleger Geert Wilders vom Durchmarsch zur stärksten Kraft – am Ende verfehlte er sein Wahlziel trotz eines leichten Zuwachses deutlich. Stattdessen fuhr der rechtsliberale Ministerpräsident Mark Rutte den Sieg ein. Wilders hatte eine EU-Mitgliedschaft und den Euro infrage gestellt. Seine Niederlage gilt allen Proeuropäern als Hoffnungssignal.
Italien: Schon seit Ende der 80er-Jahre gibt es die rechte und europafeindliche Lega Nord. Aber bei den Wahlen 2013 schaffte sie nur noch ganz knapp den Sprung ins Parlament. In der Flüchtlingskrise hat Parteichef Matteo Salvini den fremdenfeindlichen Kurs verschärft. Doch das hilft kaum gegen die starke Konkurrenz der populistischen FünfSterne-Bewegung, die sowohl linke als auch rechte Wähler anzieht.
Dänemark: Lange war die einwanderungsund europakritische Dänische Volkspartei auf Erfolgskurs: Bei der Parlamentswahl 2015 fuhr sie mit 21 Prozent der Stimmen ihr bislang bestes Ergebnis ein und stützt die konservativ-liberale Minderheitsregierung. Doch ein Skandal um EU-Gelder hat die Partei erschüttert, in Umfragen büßte sie ein Viertel der Stimmen ein.
Ungarn: Ministerpräsident Viktor Orban hat seine konservative Partei Fidesz mit einem islamfeindlichen und europaskeptischen Kurs weit rechts positioniert. Doch die nationalistische Jobbik-Partei, die gegen Roma, Flüchtlinge und Juden hetzt und bei den letzten Wahlen 20 Prozent der Stimmen holte, sitzt Orban im Nacken. So hat Politik am rechten Rand in Ungarn weiter Auftrieb.