Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Landräte attackieren Ramelow
Gera. Frank Kuschel hatte im März eine Entmachtung der Landräte gefordert. Der Thüringer Landkreistag mit Landrätin Martina Schweinsburg (Greiz, CDU) fordert nun von Ramelow, er soll seine Richtlinienkompetenz ausüben. Der Regierungschef, verlangen die Landräte, müsse dem fachlich inkompetenten und unprofessionellen Treiben von Kuschel ein Ende bereiten. Er, Ramelow, könne sich nicht weiter als Unbeteiligter neben seinen engsten Vertrauten und Berater Kuschel stellen.
Doch die Zahl der Kritiker ist momentan weit höher – so sehr, dass der rot-rot-grünen Koalition im Landtag die nötige Mehrheit fehlt, um die Gebietsreform durchzusetzen. Zusammen verfügen Linke, SPD und Grüne lediglich über 47 von 91 Sitzen. Der SPD-Parlamentarier und Landtagsvizepräsident Uwe Höhn lehnt den vorgeschlagenen Neuzuschnitt der Landkreise und kreisfreien Städte „sowohl aus grundsätzlichen wie auch regionalpolitischen Gründen komplett ab“. Er werde, wenn es keine Veränderungen geben sollte, „diesem Gesetz nicht zustimmen“.
SPD-Fraktionschef Matthias Hey kann den Frust des Landespolitikers, der Wirtschaftsminister war, nachvollziehen. „Uwe Höhn verfügt insbesondere bei diesem Thema über eine von mir hochgeschätzte Sachkenntnis, sodass ich genauso wie die Mitglieder meiner Fraktion seine Bedenken sehr ernst nehme“, sagte Hey.
Auch die Linke-Abgeordneten Steffen Harzer und Ina Leukefeld haben angekündigt, den neuesten Vorstellungen des Innenministers ihr Ja zur verweigern. Leukefeld kündigte einen Änderungsantrag an. LinkeFraktionsvize Mike Huster möchte die Stimmung in den eigenen Reihen nicht kommentieren und lässt nur wissen, er wolle „bis zur Fraktionssitzung am Mittwoch keine Wasserstandsmeldung abgeben“.
In der Grünen-Fraktion rumort es ebenfalls. Poppenhägers aktuellen Plänen könne nicht zugestimmt werden, heißt es.
Und aus der Wirtschaft bekommt Poppenhäger vor allem aus dem Süden Gegenwind: Auch wenn der Innenminister in seinen überarbeiteten Plänen Vorschläge der Wirtschaftskammern aufgreift, hat er sie doch nicht gänzlich auf seiner Seite. „Eine Gebietsreform sollte den Nutzen einer durchdachten und auf Einsparungen orientierten Funktional- und Verwaltungsreform in die Fläche bringen. Davon ist aber nichts zu sehen – im Gegenteil, die Kreisgebietsreform ist zu politischem Selbstzweck geworden und wird keinerlei Einsparungen bringen“, zeigt sich der Präsident der IHKSüdthüringen, Peter Traut, enttäuscht.
Weil sich die Landräte in Thüringen durch den Landtagsabgeordneten der Linkspartei, Frank Kuschel, diffamiert sehen, greifen sie nun in einem offenen Brief Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) an. Das Schreiben liegt der OTZ im Wortlaut vor.