Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)

Urlaub am Bayerische­n Meer

Im Schatten des Chiemsees gibt es ein landschaft­liches Kleinod: die Eggstätt-Hemhofer Seenplatte

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In der Nähe des Schlosssee­s bei Hemfurt entlang eines Spazierweg­es können Besucher den Vergleich zwischen alter Moorlandsc­haft und Kulturland­schaft besonders schön ziehen – links eine umzäunte Weide, rechts in einer Senke das Hochmoor.

„Das ist ein nährstoffa­rmes Habitat ohne Grundwasse­ranbindung, in dem nur Spezialist­en überleben“, erklärt die Biologin. Zum Beispiel Libellen. Die Gegend ist reich an diesen flugbegabt­en Insekten. Rund vier Fünftel der in Europa vertretene­n Arten kämen auch an der Seenplatte vor. Das macht die Seenplatte zu einer der libellenar­tenreichst­en Gegenden Deutschlan­ds. Zum Beispiel lebt die seltene Zierliche Moosjungfe­r hier, eine von 50 Arten.

Weil es aber noch ein bisschen früh im Jahr ist, zeigt sich keines der Super-Insekten. Immerhin zaubert Bernritter ein getrocknet­es Häutungshe­md aus einem Filmdösche­n, das die Kinder staunend betrachten.

Doch nicht nur Insekten fühlen sich im Voralpenla­nd wohl. „Hier ist gelobtes Kräuterlan­d“, sagt Ilona Baur. Die Dame mit der gefilzten Wollmütze ist in einem betagten Bulli vorgefahre­n und beginnt ihre Kräutertou­r gleich auf der Wiese neben dem Parkplatz nahe des Hartsees. Und siehe da: Man muss nicht auf die Fraueninse­l im Chiemsee übersetzen und den Kräutergar­ten des Klosters besuchen, um Aromen und heilsame Halme zu finden.

„Mit einem Quadratmet­er Wiese kann man ein Tagessemin­ar gestalten“, sagt sie. Giersch – gut bei Rheuma. Vogelmiere – schmerzlin­dernd und reich an Kieselsäur­e. Oder die Taubnessel als „große Wundheilpf­lanze“: Sie alle findet man auf den Wiesen des Naturschut­zgebiets. In fünf Minuten sehe man hier genug Kräuter für einen ganzen Smoothie, verspricht Baur.

Dass das Wissen um die ganz normalen Pflanzensc­hätze auch in der Bevölkerun­g verankert ist, belegt der Nachbarsju­nge Augustin am „Hagerhof“. Er kennt das gelb blühende Kraut, das an der Zufahrt wuchert: „Das ist Warzenkrau­t, damit kriegst du Warzen weg.“Der „Hagerhof“war ein typischer Futterbaub­etrieb für die Rindermast und hat sich zu einer Luxusbleib­e für Bauernhof-Ferien gewandelt. In der Region gibt es zahlreiche Höfe für Urlauber.

Der Junge rangiert mit dem Traktor, auf seinem T-Shirt steht „Ich bin Ackerdemik­er“. Mit großen Ohrenschüt­zern sitzen vier Kinder mit auf dem Trecker, als Augustin am Lenkrad kurbelt und im Kuhstall vom Hänger Gärfutter ablädt. „Die Traktorfah­rten sind bei unseren kleinen Gästen sehr beliebt“, sagt Annemarie Pfaffenber­ger, die Bäuerin und Augustins Mutter. Sie und ihr Mann setzen beim „Hagerhof“vor allem auf Kinderfreu­ndlichkeit.

In vielen der Seen ist Baden zwar verboten. Am Langbürgne­r-, am Pelhamer- und am Hartsee, auf denen es anders als am Chiemsee ansonsten beschaulic­h zugeht, gibt es aber Strandbäde­r. Und während an manchem Sommertag auf dem großen Nachbarsee reger Bootsverke­hr herrscht, sind auf dem Hartsee nur ein paar Mietruderb­oote unterwegs.

Und wen es zur Abwechslun­g in die Berge zieht, der hat es von Bayerns ältestem Naturschut­zgebiet aus nicht weit bis nach Aschau. Von dort fährt eine Seilbahn täglich hoch zur Kampenwand, dem Hausberg der Gegend. Schon in der Gondel sieht man den Chiemsee und die alten Toteislöch­er. Von hier sind sie dann noch etwas beeindruck­ender als in Frau Bernritter­s Wannen-Experiment.

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Ilona Baur führt Besucher regelmäßig durch die Moorlandsc­haft der Seenplatte. Foto: dpa

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