Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Ärzte wollen Telefon-Behandlung nach Schweizer Vorbild
Mediziner fordern ein Gütesiegel für Gesundheits-Apps. Amtliche Agentur soll den Patienten Hinweise geben
für die geplanten Projekte. Er fügte aber hinzu, eine solche Fernbehandlung könne immer nur Ergänzung zur klassischen Sprechstunde sein. Viele Ärzte sprachen sich in Freiburg dafür aus.
Bisher erlaubt die ärztliche Berufsordnung eine Behandlung über Telefon oder Videoschaltung nur, wenn der Mediziner seinen Patienten mindestens einmal persönlich gesehen hat. Erst dann darf er ihm auch nach einem Telefonat ein Rezept oder eine Krankschreibung ausstellen. In der Schweiz ist die Telemedizin seit Jahren Alltag. Dort verpflichten viele Versicherungen ihre Kunden, einen vorgezeichneten Behandlungsweg einzuschlagen, der immer erst in einem Callcenter beginnt. Ziel ist die Senkung von Kosten und Versicherungsbeiträgen. Experten haben errechnet, dass ein Patient in einem telemedizinischen Versicherungsmodell zehn bis zwanzig Prozent weniger Kosten verursacht. Einer der großen Anbieter ist dabei die Firma Medgate in Basel, bei der auch deutsche Ärzte arbeiten. Sie sollen nun legal auch von ihrem Heimatort in BadenWürttemberg aus tätig werden können.
Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sagte in Freiburg, die Mediziner wollten bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems künftig „an der Spitze der Bewegung“sein: „Wir sind nicht immer nur Verweigerer von Digitalisierung, sondern wollen mitreden.“Viele über das Internet oder auf dem Handy angebotenen Gesundheitsdienstleistungen seien „Spielerei“oder dienten dem Sammeln von Daten aus kommerziellem Interesse. Nun gelte es, die Spreu vom Weizen zu trennen.
„Mehr als 100 000 solcher Anwendungen gibt es inzwischen in den gängigen App-Stores und das Angebot wächst ständig. Doch nur ein Bruchteil der Programme ist als Medizinprodukt zertifiziert“, heißt es in einer Untersuchung der Bundesärztekammer, die beim Ärztetag vorgestellt und debattiert wurde. Montgomery forderte deshalb ein Gütesiegel für GesundheitsApps auf dem Handy. „Es muss einen Stempel geben, der dem Patienten sagt, ob da wirklich drin ist, was draufsteht“, verlangte der Ärztepräsident. Eine Anwendung für Smartphones, die Ratschläge und Hinweise für die Gesundheit gebe, könne dieselbe Wirkung haben wie ein Arzneimittel. Dafür brauche es eine amtliche Bewertungsagentur, damit Patienten einschätzen könnten, wie vertrauenswürdig diese App sei und ob es medizinischen Nutzen gebe.