Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Klimaabkommen
Paris. US-Präsident Donald Trump empfindet das Pariser Klimaabkommen als unfair und schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung der USA. Er droht mit einem Ausstieg. Das Abkommen wurde Ende 2015 in Paris beschlossen. Die Unterzeichner, auch die USA, verpflichten sich, die Erderwärmung auf klar unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Die Vertragsstaaten sollten sich aber anstrengen, sie bei 1,5 Grad zu stoppen. Dazu sollen sie den Netto-Ausstoß ihrer Treibhausgase in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auf null bringen. Sie dürfen dann nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen, wie etwa mit Waldanpflanzungen aus der Atmosphäre gezogen wird. (dpa) Berlin. Von der ersten Auslandsreise des US-Präsidenten Donald Trump bleiben einige Bilder hängen. Etwa das vom Nato-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Trump bahnt sich durch die Gruppe der Staats- und Regierungschefs den Weg in die erste Reihe. Vor laufenden Kameras schiebt er den Ministerpräsidenten Montenegros rüde beiseite. Die Botschaft: „Weg da! Ich bin hier der Boss.“
Gleiches Spiel während des Abschlusstreffens beim G7-Gipfel im sizilianischen Taormina am Sonnabend. Der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni, Gastgeber des Spitzentreffens der Chefs der Industriestaaten, hält eine Rede. Seine Amtskollegen haben Kopfhörer auf und hören zu. Nur Trump nicht. Er sitzt mit verschränkten Armen da und stiert vor sich hin. Eine offene Brüskierung.
Muskelspiele, Imponiergehabe, Einschüchterungsversuche: Der Poltergeist aus Washington führte sich bei Nato und EU auf wie der Elefant im Porzellanladen. Und er genoss die Rolle. Für das heimische Publikum sollen die Fotos eines signalisieren: „Ich habe es den Weicheiern in Europa und Rest-Übersee mal wieder gezeigt.“Was bleibt übrig von Trumps neuntägiger Visite?
Westen:
Mit der neuen politischen Ausrichtung der USA ist die Wertegemeinschaft des Westens dahin. Zur Hochzeit des Kalten Krieges waren Demokratie, Meinungsund Versammlungsfreiheit und der Rechtsstaat die Eckpfeiler im transatlantischen Verhältnis. Der Westen verstand sich als Gegenmodell zum Sowjet-Kommunismus. Und die USA begriffen sich als Führungsmacht des Westens.
Unter Trump ist in den USA staatspolitischer Egoismus Trumpf. Der wahre Westen besteht heute aus Westeuropa. Nur hier werden Demokratie, Freihandel und die Idee einer auf Ausgleich bedachten multilateralen Politik hochgehalten.
Das neue Europa: Angesichts der Verbreitung eines Autokratismus in Russland, der Türkei, China und neuerdings auch den USA liegen nun alle Hoffnungen auf Kerneuropa. Die Gründungsstaaten der EU – Deutschland, Frankreich, Italien und Benelux – müssen sich als dynamische Kräfte für Demokratie und Freihandel profilieren. Merkel und der neue französische Präsident Emmanuel Macron sind geradezu verdammt, der Gemeinschaft neue Impulse zu geben.
Merkels Rolle: Die Kanzlerin ist nicht nur reine Schlüsselspielerin in der EU. Auch bei der Lösung des Ukraine-Konflikts, der Rettung des internationalen Klimavertrags oder der Entschärfung der Flüchtlingskrise steht sie an vorderster Stelle.
G20-Gipfel in Hamburg: Das Spitzentreffen der Staats- und Regierungschefs der 20 Industrie- und Schwellenländer am 7. und 8. Juli in Hamburg wird für Merkel zur großen Herausforderung. Sollten die Amerikaner aus dem Klimavertrag ausscheiden, muss sie den Kampf gegen die Erderwärmung mit dem Rest der Welt vorantreiben. Ohne die USA sind das Länder, die 86 Prozent der CO2-Emissionen verursachen. Die Kampagne für den Freihandel ist eine weitere Herkulesaufgabe.
Fazit: Mit dem kruden Unilateralismus von US-Präsident Trump wird die Welt noch komplizierter und unberechenbarer. Den klassischen Westen mit der Führungsmacht USA gibt es nicht mehr. Trump will sich aus der internationalen Konfliktregelung weitgehend heraushalten, was Russland, der Türkei oder Iran mehr Spielraum verleiht. Beim Freihandel fallen sowohl die USA als auch China als Leuchttürme aus – auch wenn Peking das Gegenteil behauptet. Bleibt nur noch ein Hoffnungsträger als Antreiber für Demokratie und Marktwirtschaft: Kerneuropa mit der Avantgarde Deutschland und Frankreich.