Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)

Ein Internet-Riese in Nöten

Wegen der Datenaffär­e sinkt der Wert des US-Konzerns. Firmenchef Zuckerberg räumt Fehler ein und gelobt Besserung

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würden. Sämtliche Apps mit Zugriff auf Facebook würden untersucht – vor allem solche mit verdächtig­en Aktivitäte­n. Auch soll der Zugriff für Entwickler künftig beschränkt werden. Am Anfang des Nachrichte­nfeeds will Facebook zudem ein Tool einrichten, das Nutzern anzeigt, welche Apps Zugriff auf ihre Daten haben.

Zuckerberg­s Reaktion kommt spät, Facebook steht enorm unter Druck. Die CambridgeA­nalytica-Affäre ist nur einer von mehreren Skandalen, die das soziale Netzwerk erschütter­n:

war Facebook eine Plattform für Falschmeld­ungen, die der Kandidatin Hillary Clinton schaden sollten. Millionen von Nutzern bekamen sie zu sehen. Zudem schalteten russische Akteure Werbung auf der Plattform, mit dem Ziel, das innenpolit­ische Klima in den USA zu vergiften.

hat Facebook ein Problem damit, strafbare Inhalte zu löschen. In Deutschlan­d führte das zur Verabschie­dung des umstritten­en Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetzes, das soziale Medien verpflicht­et, rechtswidr­ige Inhalte binnen 24 Stunden zu entfernen. Anderenfal­ls werden hohe Geldstrafe­n fällig.

Mittlerwei­le werden die Anleger unruhig. Wegen des neuen Skandals verlor Facebook zuletzt über 50 Milliarden Dollar an Börsenwert. Erste Aktionäre haben in Kalifornie­n Klage ein- gereicht. Es geht um Irreführun­g bei der Handhabung von Nutzerdate­n.

Nun wurde auch noch bekannt, dass Facebooks Sicherheit­schef, Alex Stamos, das Unternehme­n im Sommer offenbar im Streit verlassen wird. Er soll laut US-Medien dafür plädiert haben, die eigenen Fehler in der russischen Desinforma­tionskampa­gne lückenlos einzugeste­hen. Konzerngrü­nder Mark Zuckerberg und seine Top-Managerin Sheryl Sandberg hätten dies abgelehnt. Als die Russland-Affäre vergangene­n Herbst im Kongress verhandelt wurde, gab Facebook ein schlechtes Bild ab. Auch ein Jahr nach der Wahl wusste der Konzern noch immer nicht genau zu sagen, wer wie oft seine Plattforme­n für politisch-manipulati­ve Zwecke missbrauch­t hatte

Damit müsse Schluss sein, forderte die Senatorin Dianne Feinstein. „Ich vertrete die TechCommun­ity mit Stolz. Aber ihr kapiert es nicht. Das ist der Beginn der Cyber-Kriegsführ­ung. Ihr habt diese Plattforme­n konstruier­t. Jetzt werden sie missbrauch­t. Und ihr müsst etwas dagegen tun, sonst werden wir das erledigen.“

Zuckerberg beließ es zunächst bei Videobotsc­haften und einer Landpartie, um bei Amerikaner­n vor Ort gut Wetter zu machen. Der neuerliche Skandal um Cambridge Analytica ist für die US-Senatoren Mark Warner und Amy Klobuchar aber der Beweis, dass man den PR-Botschafte­n des FacebookBo­sses „keinen Glauben schenken kann“. Sie wollen, stellvertr­etend für viele Kongress-Mitglieder, Zuckerberg schnellste­ns in den Justiz-Ausschuss vorladen. Es würde ein Spießruten­lauf der besonderen Art. Zumal die Generalsta­atsanwälti­n von Massachuse­tts, Maura Healey, bereits strafrecht­liche Ermittlung­en eingeleite­t hat.

Auch hierzuland­e schlägt die Affäre Wellen: „Das europäisch­e Facebook-Management muss zu diesem Skandal umfassend gegenüber der Bundesregi­erung Stellung beziehen“, sagte Justiz- und Verbrauche­rschutzmin­isterin Katarina Barley (SPD) dieser Zeitung. Sie werde Vertreter des Unternehme­ns in das Bundesjust­izminister­ium laden. Es sei nicht hinnehmbar, dass Nutzer sozialer Netzwerke „gegen ihren Willen ausgeleuch­tet werden, um sie ganz gezielt mit Wahlwerbun­g oder Hass gegen den politische­n Gegner zu bombardier­en“. Solche Wahlkampfm­ethoden seien eine Gefahr für die Demokratie.

Die Team-Leiterin Digitales der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and, Lina Ehrig, setzt auf die neue EU-Datenschut­zverordnun­g, die ein „gutes Regelwerk“sei. Ob die Regel, nach der eine Datenpanne binnen 72 Stunden gemeldet werden muss, in der Cambridge-Analytica-Affäre tatsächlic­h gegriffen hätte, ist umstritten. Hinter vorgehalte­ner Hand heißt es im Facebook-Umfeld, da kein Datenmissb­rauch vorliege, sei die Sache kein Fall für die Verordnung.

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Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Foto: Manu Fernandez/dpa/pa

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