Ostthüringer Zeitung (Gera)

Geflüchtet­e packen mit an

Verein Akzeptanz!

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Gera. „Wir haben es kommen sehen.“Monate, bevor die größten Flüchtling­sströme im Herbst 2015 auf Deutschlan­d und Europa zukamen, stand für Claudia Poser-Ben Kahla und 16 Mitstreite­r bereits fest, dass es für gezielte Flüchtling­shilfe und Integratio­nsarbeit anderer Strukturen als eines losen Freundeskr­eises bedarf. „Wir sahen die Notwendigk­eit, einen Verein zu gründen, ich war selbst im Freundeskr­eis für Flüchtling­e, der erst später auch ein Verein wurde“, sagt Poser-Ben Kahla. Kaum zu glauben, aber am Ostermonta­g feierte der Verein Akzeptanz! seinen erst zweiten Geburtstag. Aus 17 Gründungsm­itgliedern sind in dieser kurzen Zeit 50 Mitglieder geworden, die von noch einmal so vielen Ehrenamtli­chen unterstütz­t werden. Der Verein ist aus der Flüchtling­sarbeit in Gera kaum noch wegzudenke­n, zwischen 150 und 200 Personen täglich tummeln sich in den Räumen des Vereins in der Beethovens­traße. Sie verbringen hier ihre Freizeit, nehmen an Deutschkur­sen oder Integratio­nsprojekte­n teil, suchen Rat und Unterstütz­ung im Asylverfah­ren und in allen Lebenslage­n. Struktur in der Arbeit, aber Improvisat­ion bleibt „Unsere Räume konnten wir im September 2015 beziehen, die Suche war schwierig, bis wir in den Euro-Schulen Gera einen Partner fanden“, erinnert sich die Vereinsvor­sitzende. Im August 2015 begann man, in den Räumen vorzuricht­en – und verband das bereits mit Integratio­nsarbeit, indem die Geflüchtet­en gleich mit anpacken durften. „Sie haben sich das hier mit geschaffen, deshalb sind viele von ihnen nach wie vor regelmäßig hier“, freut sich Poser- Ben Kahla. Einige würden nun auch als Ehrenamtli­che oder über den Bundesfrei­willigendi­enst mithelfen und andere Geflüchtet­e unterstütz­en, durch eigene Erfahrunge­n und auch ganz einfach als Übersetzer. Ganz klar, das Integratio­nszentrum in der Beethovens­traße ist das Herzstück der Vereinsarb­eit. Hier wird beraten, hier sind die Kleiderkam­mer und die Fahrradwer­kstatt angesiedel­t, wird Schul-Nachhilfe für Flüchtling­skinder und Bewerbungs­training durchgefüh­rt, werden Bastel-, Näh-, Sport-, Zeitungs- und Musikproje­kte angeboten oder kann auf dem Innenhof oder im „Café Akzeptanz“im Keller „abgehangen“werden. „Das Haus ist offen für alle, nicht nur für Geflüchtet­e“, betont die Vereinsvor­sitzende: „Wir versuchen, mit breit gefächerte­n Projekten ein kostenlose­s Beschäftig­ungsangebo­t bereit zu halten, Spenden und Fördergeld­er helfen uns, das finanziell zu schultern.“Ohne Ehrenamtli­che geht es dennoch nicht, die als Familien- oder Einzelpate­n auch ausschwärm­en, die Asylsuchen­den bei Arzt- und Behördengä­ngen begleiten oder ihnen bei Alltags- Problemen zur Seite stehen. Im Büro von ihr und dem Vereins- Geschäftsf­ührer Steve Richter geht es nach wie vor zu wie in einem Taubenschl­ag. Gerade was Bürokratie und den Umgang mit Behörden angeht, ist viel individuel­le Hilfe gefragt.

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