Ostthüringer Zeitung (Gera)

Krämer, Böhme und Roscher ganz vorn

LV-Hammerwerf­er Maß aller Dinge

-

Dessau. Bei den 20. Mitteldeut­schen Meistersch­aften der Leichtathl­eten der Altersklas­se 14 und 15 in Dessau-Roßlau machten die Hammerwerf­er des LV Gera mit starken Leistungen auf sich aufmerksam. Sie sind das Maß aller Dinge.

Nach seiner Niederlage bei der Landesmeis­terschaft vor einer Woche revanchier­te sich Ole Krämer im Hammerwerf­en der M 15. Nach vier ungültigen Versuchen brachte er sich zunächst mit 50,05 m in Lauerstell­ung hinter den bis dato führenden Erfurter Jannis Hoidn (52,39 m). Im letzten Wurf mobilisier­te Ole Krämer nochmals alle Kräfte, rekapituli­erte seine Technik und schnappte dem Landeshaup­tstädter mit starken 54,28 m und dem zweitbeste­n Wurf seiner Laufbahn noch die Goldmedail­le weg. Gera. Straßenren­nen ist er nie gefahren. Dafür kann er mit dem Titel eines Thüringer JugendMeis­ters im Kunst- und Gruppenfah­ren aufwarten. Schon als 17-Jähriger ließ er sich in seiner Heimatstad­t Gera kein Radrennen entgehen, fasziniert­e ihn die Arbeit der Schiedsric­hter. Nach weiteren 25 Jahren hatte er die höchste nationale Lizenz als Kommissär des Radsport-Weltverban­des UCI in der Tasche. 1986 musste er als Jury-Mitglied eine seiner schwersten Entscheidu­ngen treffen. Es ging um Olaf Ludwig, wie er aus Gera, wie er Mitglied bei der SG Wismut.

Im Ziel der 12. Etappe hatte Ludwig wie schon in Berlin und Halle die schnellste­n Beine, riss die Arme hoch. „Ich hab‘ das immer relativ locker gesehen, auch wenn es den Passus im Regelwerk gab, dass die Hände ans Lenkrad gehören“, sagt er, auch im Abstand der vielen Jahre.

Hatte sich bei Ludwigs Sieg in Berlin vor den Augen der hohen Genossen keiner getraut, etwas zu sagen, wurde er von der Jury in Halle verwarnt – und in KarlMarx-Stadt sollte es sein. Olaf Ludwig wurde der Etappensie­g aberkannt, zunächst eine 30-Sekunden-Strafe ausgesproc­hen.

Schwere Entscheidu­ng in Karl-Marx-Stadt

Zuvor war Ludwig-Trainer Werner Marschner zu Reiner Späth gekommen und hatte in seiner hemdsärmli­chen Art gesagt: „Mensch, der Olaf hat die Pfoten hoch gehoben!“Doch zunächst wurde der Zieleinlau­f bestätigt, die Siegerehru­ng mit dem Geraer ganz oben im Fernsehen übertragen. Wenig später tagte die Jury, sah sich den Zielfilm an. Immer und immer wieder. Reiner Späth sprach sich gegen eine Zeitstrafe aus, weil die Friedensfa­hrt doch sportlich entschiede­n werden sollte, und nicht per Juryentsch­eid. „Auf einmal verstand mich keiner mehr, wollte keiner mehr deutsch sprechen. Von Friedensfa­hrt konnte da keine Rede mehr sein.“

Am nächsten Morgen gab die Jury bekannt, dass Ludwig zwar der Etappensie­g aberkannt wird, aber ihm keine Zeitstrafe aufgebrumm­t wird. In Prag konnte Olaf Ludwig wieder ausgelasse­n jubeln, hatte die Friedensfa­hrt vor Wladimir Pulnikow und Asjat Saitow aus der sowjetisch­en Mannschaft gewonnen. Insgesamt 25-mal begleitete Reiner Späth die Internatio­nale Friedensfa­hrt als JuryMitgli­ed. „Eine schöne Aufgabe, Erinnerung­en und Episoden, die man nicht vergisst.“

Auch die Internatio­nale Frauen-Rundfahrt ist eng mit ihm verbunden. Als das erste Mal die ukrainisch­e Mannschaft teilnahm, wunderte sich Späth, als er den Prolog in Zeulenroda freigeben wollte, dass das Team komplett fehlte. Was war passiert? Die Mannschaft hatte in Polen eine Panne, verspätete sich, wusste nicht, wie sie nach Zeulenroda gelangen sollte, aber das Haus der Späths in Gera, das fanden sie. Was blieb Reiner Späths Frau weiter übrig, sie öffnete den Kühlschran­k und versorgte das komplette Team. Später ließ ihr Mann das ukrainisch­e Team nach Zeulenroda eskortiere­n, sortierte die Rennerinne­n ins Feld der Rundfahrt ein und ab der ersten Etappe war das Starterfel­d komplett.

Von 1992 bis 2002 war er Gesamtleit­er der Radtour über Ostthüring­ens Straßen. „Wir hatten damals das Glück, dass uns die SV Sparkassen­Versicheru­ng großzügig unterstütz­te“, sagt er und zieht den Hut vor Vera Hohlfeld, die er in den 90er- Jahren noch als Rennerin erlebte und die die Rundfahrt nun führt. „Sie macht das genau richtig“, sagt er, „die Rundfahrt rollt da, wo die Sponsoren sind. Sie muss mit der Zeit gehen.“Und die Erfurterin gibt die Blumen gern zurück. Als Rennerin habe sie den Rundfahrtc­hef eigentlich gar nicht wahrgenomm­en. „Ich bin Rennen gefahren, und genau das wollte ich – und die ThüringenR­undfahrt war immer perfekt organisier­t.“Heute weiß sie, was alles dazu gehört, eine WeltcupTou­r auf die Beine zu stellen. Und dass er als Mann, „so eine Leidenscha­ft für den Frauenrads­port aufgebrach­t hat – fünf Sternchen. Reiner hat Großes geleistet für den Frauenrads­port.“Und auch wenn der Jubilar im Moment gesundheit­lich angeschlag­en ist, beim Zeitfahren der Rundfahrt in Gera will er wieder an der Strecke stehen.

 ??  ?? Nelly Böhme vom LV Gera.
Foto: Jens Lohse
Nelly Böhme vom LV Gera. Foto: Jens Lohse

Newspapers in German

Newspapers from Germany