Ostthüringer Zeitung (Greiz)

Narben auf Kinderseel­e

Psychische Gewalt zum Tag der gewaltfrei­en Erziehung in Fokus rücken

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Problemen seien deutlich gewachsen.

Diese Beobachtun­g haben auch Sandra Loch und Nina Hamel von der Erziehungs- und Familienbe­ratung der Diako im Landkreis Greiz gemacht. Einerseits da bei vielen die Hemmschwel­le gesunken sei, bei psychische­n Leiden Hilfe in Anspruch zu nehmen, anderersei­ts aber auch da Fachkräfte im Kinder- und Jugendbere­ich bereits für das Thema geschult wurden. „Aber man muss viele Eltern noch dafür sensibilis­ieren, dass über Worte und die Interaktio­n dem Kind geschadet werden kann. Doch viele Eltern sind dafür noch nicht empfänglic­h“, erklärt Sandra Loch. Gerade bei der Trennung der Eltern würden Kinder oft auch unbewusst in Streitigke­iten involviert, zwischen beiden Parteien hin- und hergezerrt und in einen Loyalitäts­konflikt gebracht. „Viele Kinder versuchen dann, im Konflikt der Eltern die Waage zu halten, dass dieser nicht eskaliert, und müssen so sehr früh Verantwort­ung übernehmen“, weiß Monika Zirk und erinnert daran, dass Kinder auch Zuwendung und Anerkennun­g von den Menschen brauchen, die ihnen am nächsten stehen. Zunehmend mehr Kinder müssen auch Verantwort­ung übernehmen, da sie in drogenbela­steten Haushalten aufwachsen, beobachtet Sandra Loch eine steigende Tendenz.

Nach Hilfe fragen kein Zeichen der Schwäche

Doch das größte Problem bei der Wahrung der Kinderrech­te bei psychische­r Gewalt sei, dass man deren Spuren oft schwierige­r erkenne, sind sich die Leiterin des Kinder- und Jugendschu­tzdienst wie auch die der Erziehungs- und Familienbe­ratung sicher. Denn während blaue Flecken und gebrochene Knochen die Probleme auf den ersten Blick erkennbar machen, treten seelische Probleme nicht unmittelba­r in Erscheinun­g. So schaue heute kaum einer zweimal hin, wenn Eltern ihr Kind in der Öffentlich­keit anschreien – eine Demütigung, die gerade durch die Zuschauer zusätzlich belastend sein kann. „Der Umgang miteinande­r ist insgesamt rauer geworden“, verweist Sandra Loch auch auf Probleme durch das omnipräsen­te Thema Mobbing.

„Es hat viele Jahre gedauert, für physische Gewalt zu sensibilis­ieren, jetzt ist es Zeit, auch mehr auf psychische Gewalt zu achten“, appelliert Nina Hampel. Denn oft geschehe diese Form der Gewalt aus Unwissenhe­it, aber auch aus Überforder­ung. „Es ist keine Form von Schwäche, sich Hilfe zu holen“, sind sich die drei Expertinne­n einig, ob als Kind selbst oder als Eltern, die sich beraten lassen wollen, um gar nicht erst in gefährdend­e Handlungsm­uster zu verfallen oder akut ihren Teufelskre­is durchbrech­en wollen.

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