Ostthüringer Zeitung (Greiz)

Doppelte Sicherheit­slücke

- Von Egbert Nießler

Ein mitteleuro­päisch aussehende­r Bundeswehr­soldat, der kaum ein paar Brocken Arabisch kann, behauptet, er sei Syrer. Er beantragt Schutz in Deutschlan­d – und bekommt ihn. Klingt wie der Plot zu einem Slapstick-Film. Ist aber gar nicht witzig. Denn der betreffend­e Oberleutna­nt plante unter der von ihm neu definierte­n Kunst der Tarnung vermutlich einen rechtsextr­emistisch motivierte­n Anschlag. Und er deckt zugleich eine doppelte Sicherheit­slücke auf. Sein Fall belegt noch einmal drastisch, wie wenig Kontrolle auch noch nach den Tagen der offenen Tür vom Herbst 2015 herrschte.

Womit wir beim zweiten Problem wären: der Bundeswehr. Die verteidigt nicht nur unsere Freiheit am Hindukusch und neuerdings auch im Nordirak. Sie ist in letzter Zeit vor allem durch menschenun­würdige Aufnahmeri­tuale, SexismusVo­rwürfe und immer wieder den Verdacht allzu rechter Gesinnung einzelner Angehörige­r aufgefalle­n.

Aus den Erfahrunge­n der Nazi-Zeit wurde bei der Wiederbewa­ffnung der Bundesrepu­blik das Prinzip der Inneren Führung geschaffen, das vom Leitbild des verantwort­ungsbewuss­ten Bürgers in Uniform ausgeht. Das stellt sich nicht von allein ein. Im Gegenteil, es ist eine schwierige und verantwort­ungsvolle Daueraufga­be. Sie ist nicht leichter geworden, seit die Bundeswehr de facto zur Berufsarme­e geworden ist und aus Personalma­ngel mitunter auch Bewerber aufnimmt, die für den Beruf des Soldaten nicht geeignet sind.

Ein „Haltungspr­oblem“und „Führungssc­hwäche“bekommt die Truppe nun von Ursula von der Leyen attestiert. Da hat sie vermutlich recht. Aber sie ist seit 2013 die zuständige Ministerin. Führung beginnt nicht bei den Uniformträ­gern, sondern im Ministeriu­m. An der Spitze.

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