Zu lange weggeschaut
Dicke Luft in 66 deutschen Städten, in der Luft zum Atmen ist teilweise deutlich mehr Stickoxid als seit 2010 noch erlaubt ist. Dass die EU-Kommission die Bundesrepublik wegen dieses Missstands irgendwann einmal verklagen wird, war abzusehen. Der Streit um die Luftbelastung tobt seit Jahren, die Klage wäre vermeidbar gewesen.
Bis die Richter zu einem
Urteil kommen, dürften Jahre vergehen. Gehandelt werden muss aber sofort. Und das nicht einmal wegen der Gefahr, die von zu hohen Stickoxid-Belastungen für Anwohner viel befahrener Straßen ausgehen kann. Es geht auch um den finanziellen Schaden, den die Debatte um Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher hoher StickoxidWerte angerichtet hat. Millionen Autobesitzer mussten massive Wertverluste ihrer Fahrzeuge hinnehmen, auch drohen ihnen Fahrverbote.
Die Ursache für das Stillhalten der deutschen Politik ist in einer äußerst freundlichen Haltung gegenüber den Autokonzernen zu suchen. Die Politik hat es geduldet, dass Autohersteller die strengen Grenzwerte für den Abgasausstoß nur im Labor einhalten mussten. Millionen Autos kamen auf die Straße, die im Alltag nicht ansatzweise die Vorgaben erreichen. Oder im Fall des Dieselskandals rund um den VW-Konzern zusätzlich manipuliert worden sind.
Die Klage wäre ein guter Anlass für die Bundesregierung, endlich durchzugreifen. Das bringt schnell bessere Luftqualität und erhält den Wert der Fahrzeuge. Das wäre gut für geprellte Autofahrer und gut für abgasgeplagte Stadtbewohner.