Wieviel Bürger darf denn sein?
Die Nachricht war nicht überraschend gekommen: Die Landesregierung in Thüringen will gegen ein gerade gestartetes Volksbegehren klagen. Sie müsste dazu vor das Verfassungsgericht in Weimar ziehen. Offiziell lautet die Begründung der linken Regierung, der Gesetzentwurf der Volksbegehrer greife in das Haushaltsrecht des Landtages ein. Und dies sei verfassungswidrig. Ob das wirklich so ist, werden die Richter überprüfen. Aber das Argument ist nur vorgeschoben. In Wirklichkeit ist der Regierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow das Volksbegehren lästig. Es macht ihr nämlich Angst, weil gefühlt eine deutliche Mehrheit der Thüringer Bevölkerung gegen das Vorhaben Gebietsreform eingestellt ist.
Die faule Ausrede der Ramelow-Regierung ist übrigens nicht neu. 2001 wies die damals absolut herrschende Mehrheit der CDU im Freistaat ein Volksbegehren „Für mehr Demokratie“mit der gleichen Begründung zurück: Eingriff in die Haushaltshoheit des Landtags. Nun gut – stellt nicht jedes Gesetz einen Eingriff in die Haushaltshoheit des Parlamentes dar? So gesehen kann man das Instrument des Volksbegehrens auch in die Tonne treten. Spannend wäre es allemal die Thüringer beispielsweise einmal entscheiden zu lassen, ob sie ihr Steuergeld für den vom Land finanzierten Demonstrationstourismus ausgeben wollen oder lieber für Bildung?
Die Frage lautet also: Wieviel Bürger leiste ich mir als Parlament? Bleibt es bei der alleinigen Entscheidungshoheit der Volksvertreter? Passt mir ein Bürgerentscheid nur dann in den Kram, wenn ich als Politiker selbst opponiere? Besitze ich als Regierung Größe, eigene Vorhaben an einem Volksentscheid scheitern zu lassen? Besitzen die Bürger eine ausreichende Urteilskraft – auch für komplexe Themen? Zumindest die Antwort hierzu kann positiv ausfallen. Denn Thüringen liegt aktuell in Deutschland beim Bildungsmonitor auf dem zweiten Platz. Es bleibt dennoch offen, ob Regierungen mit ihrer Bevölkerung wirklich mehr Demokratie wagen wollen.