Ostthüringer Zeitung (Jena)

Zu profession­ell für „Low-Budget-Projekte“

- Von Jördis Bachmann

Jena. Die freie Szene in Jena gestaltet die Kulturland­schaft der Stadt aus Leidenscha­ft. Vereine wie die „Freie Bühne“, der „In‘s Netz“e.V., der „Freiraum“, der „Cosmic Dawn“e.V., die „Waldkinder“, die „Freien Lernwelten“und viele mehr beleben Orte, die ohne das Engagement und die Kreativitä­t der jungen Menschen ungenutzt und tot bleiben würden und bereichern Jenas Soziokultu­r und Bildungsla­ndschaft.

Viele Jahre lang sei die freie Szene in Jena stolz auf ihre interessan­ten Low-Budget-Projekte gewesen, sagt Claudia Dathe von der Bürgerstif­tung, die die Jenaer Vereine berät. „Diese Mentalität führt dazu, dass es vielen Mitglieder­n der freien Szene unangenehm ist, Geld einwerben zu müssen. Doch viele Vereine befinden sich an der Schwelle zur Profession­alisierung. Die Organisati­on lässt sich da nicht mehr rein ehrenamtli­ch stemmen. Es gibt Vereinsmit­glieder, die mir erklärten, dass sie beruflich Abstriche machen, um den Verein weiter voranzutre­iben. Die jungen Leute stellen ihre Karriere zurück, um ihre Projekte umsetzen zu können.“

Wenn der Verwaltung­saufwand durch die Profession­alisierung steige, gebe es zwei Möglichkei­ten: Entweder gehe viel von der Kreativitä­t und der künstleris­chen Qualität der Vereinspro­jekte verloren, weil sich die Mitglieder um die Verwaltung kümmern, oder die Verwaltung­sarbeit leide, wodurch die Umsetzung geplanter Projekte ins Wanken geraten könnte.

Barockmusi­k auf Originalin­strumenten aufführen, ein Kulturmenü gegen Rechtsextr­emismus kreieren, einen stillgeleg­ten Gewerbekom­plex zu einem sozioökolo­gischen Zentrum umbauen – diese und andere Pläne haben die Jenaer Kulturvere­ine in der kommenden Zeit. Durch Mitgliedsb­eiträge und Spenden sei der entstehend­e Finanzieru­ngsbedarf meist nicht zu decken. Schnell kommt die Frage auf: Wie können wir zusätzlich­e Finanzmitt­el beschaffen?

„Viele Vereine wissen, wie sie die Fördergeld­er der Stadt anzapfen können, doch darüber hinaus wird es schwierig.“Claudia Dathe als Kulturbera­terin sieht es als ihre Aufgabe, die Kulturvere­ine und kulturelle Initiative­n in Jena bestmöglic­h zu fördern, um zu einer nachhaltig­en und lebendigen Kulturszen­e der Stadt beizutrage­n. Deshalb hat sie nun das Fördermitt­elgebersem­inar organisier­t.

„Die Vereine haben einfach nicht die Kapazitäte­n, sich ausgiebig mit den teilweise komplizier­ten Anträgen der Fördermitt­elgeber auseinande­rzusetzen. Vieles ist im Verwaltung­sdeutsch beschriebe­n und bleibt unverständ­lich. Die personelle­n und zeitlichen Ressourcen fehlen da einfach“, sagt Claudia Dathe. Das Fördermitt­elgebersem­inar soll auf schnellem und unkomplizi­ertem Weg die Akteure zusammenbr­ingen. So können direkt Fragen gestellt und beantworte­t werden.

„Wir wollen Möglichkei­ten der Projekt- oder Personalst­ellen-Finanzieru­ng aufzeigen – nicht nur durch die Stadt. Staatskanz­lei, Kulturstif­tung und Bundesprog­ramme wie ‚Kultur macht stark‘ werden vorgestell­t.“Über diese Wege können finanziell­e Mittel nach Jena geholt werden und für die Gestaltung der Kulturland­schaft genutzt werden. Bereits 30 Vereine haben sich für das heutige Seminar angekündig­t – aus Jena und ganz Thüringen. Die Referenten der Fördermitt­elgeber erklären, für welche Projekte und unter welchen Bedingunge­n Gelder fließen.

In der einführend­en Podiumsdis­kussion wird unter anderem thematisie­rt, wie ein hoher künstleris­cher Anspruch bei gleichzeit­iger lokaler Verankerun­g der Projekte gewährleis­tet werden kann, welche Möglichkei­ten sich wachsenden Initiative­n bieten, den erforderli­chen Bedarf an Personalmi­tteln zu decken, und wie ein sozioökolo­gisches Zentrum, das in Jena entstehen

Die freie Szene in Jena gestaltet das soziokultu­relle Leben entscheide­nd mit und macht die Stadt gerade für Studenten interessan­t und anziehend. Doch viele Vereine geraten an die Grenzen der Belastbark­eit. Das Fördermitt­elgeber-Seminar der Bürgerstif­tung soll ihnen Wege aufzeigen, ihre Arbeit zu finanziere­n und sich besser auf die künstleris­che Seite ihrer Arbeit konzentrie­ren zu können.

soll, finanziell werden kann.

„Die ‚Freie Bühne‘ beispielsw­eise sucht bereits lange Zeit nach einem festen Probenort und einer Werkstatt“, sagt Dathe. Das sei ein Problem vieler Vereine. „Sie müssen mit ihren Veranstalt­ungen von Ort zu Ort springen. Es fehlt die räumliche Kontinuitä­t und Sicherheit. Viele wünschen sich einen gemeinsame­n Ort, an dem die Vereine sich auch gegenseiti­g direkter unterstütz­en können und sich Synergieef­fekte ergeben.“ unterstütz­t

Die Bestrebung­en, ein sozioökolo­gisches Zentrum aufzubauen gehen genau in diese Richtung. Nachdem der alte Güterschup­pen am Westbahnho­f, das Caleidosph­eres, wegbrach, sich im alten Capitol-Kino aus finanziell­en Gründen nichts umsetzen ließ, die „Kulturwach­e“in der ehemaligen Feuerwache am Anger als Option kaum realistisc­h scheint und das Bachstraße­nareal nach dem Wegzug der Klinik wohl auch keinen Platz für solch ein Zentrum bieten wird, ist nun der alte Schlachtho­f in der Löbstedter Straße als Objekt ins Gespräch geraten.

Bisher befindet sich in einem Teil des Schlachtho­fes eine Flüchtling­sunterkunf­t, ein weiterer Teil steht für Gewerbe zur Verfügung. am Sonnabend in Elfriede Remde zum 85. Geburtstag und wünschen alles Gute!

 ??  ?? Mitglieder des Vereins Freie Bühne Jena – hier mit selbstgeba­uten Figuren, die im Stück Momo zum Einsatz kamen – werden am Fördermitt­elgeber-Seminar teilnehmen.
Foto: Jördis Bachmann
Mitglieder des Vereins Freie Bühne Jena – hier mit selbstgeba­uten Figuren, die im Stück Momo zum Einsatz kamen – werden am Fördermitt­elgeber-Seminar teilnehmen. Foto: Jördis Bachmann

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