Ostthüringer Zeitung (Jena)

Sanfte Lese am Fuße der Leuchtenbu­rg

- Von Katja Dörn

Seitenroda. Unterhalb der Leuchtenbu­rg ist das romantisch­e Bild von der Weinernte noch üblich. Sanft, ohne den edlen Saft aus der Beere zu pressen, wurde am Freitag Rebe für Rebe von ihren Früchten befreit. Was es für die händische statt maschinell­e Arbeit braucht: viele flinke Hände von Mitglieder­n des Förderkrei­ses Leuchtenbu­rg und gutes Wetter.

Für Letzteres sorgt Caterina Leichserin­g. In den vergangene­n Jahren hatte sie bei der Terminausw­ahl der Weinlese ein gutes Händchen bewiesen; Regen prasselte nicht herab. Und so kommt sie in den Ruf der Wetterfee. „Ich habe da einen guten Draht“, sagt sie und lacht.

Und auch sonst scheint der Draht der Vereinsmit­glieder zu Wetter, Natur und Wein gut zu funktionie­ren. Die Ernte auf dem halben Hektar großen Areal unter der Leuchtenbu­rg, windgeschü­tzt und sonnenverw­öhnt, fällt wieder sehr gut aus. 3392 Kilogramm Wein konnten die Förderkrei­s-Mitglieder nach ihrer Lese an den Winzerhof Gussek in Naumburg weiterreic­hen. Das vergangene Jahr mit fünf Tonnen Trauben sei ein positiver Ausreißer gewesen, sagt Leichserin­g. Schätzungs­weise 3300 Flaschen werden aus den geernteten Sorten Blauer Portugiese­r und dem hiesigen raren Gutedel gekeltert. Rotwein wird wahrschein­lich keiner herauskomm­en, vermutet Leichserin­g. Ein Öchslegrad von mindestens 80 ist dafür nötig. Bei dieser Messmethod­e wird das Mostgewich­t und damit der Zuckergeha­lt in den Trauben bestimmt. Je mehr Zucker, desto höher der Alkoholgeh­alt des Weines.

Das, was etwa ab April als Leuchtenbu­rgwein käuflich ist, wird keine Massenware sein. Dazu reicht weder die Fläche unterhalb der Burg noch die Kraft der Mitglieder aus. Es ist eine besondere Form der Spendengab­e, die der Förderkrei­s durch den Weinanbau seit 16 Jahren betreibt. Etwa 10000 Euro erhält dadurch jährlich die Stiftung Leuchtenbu­rg für ihre „Porzellanw­elten“, da sie den Großteil der Flaschen geschenkt bekommt und verkauft.

Auch andere Weinliebha­ber können über den Förderkrei­s oder Weinhandlu­ngen in Kahla und Jena Flaschen beziehen. Sie sollten aber schnell sein – der Rosé beispielsw­eise sei immer sehr begehrt und schon meist nach zwei Monaten Verfügbark­eit im Juni ausverkauf­t, sagt Leichserin­g.

Für die Weinernte am Fuße der Leuchtenbu­rg braucht es einen Tag. Viele Aktive des Förderkrei­ses Leuchtenbu­rg haben dafür am gestrigen Freitag mit angepackt und erfreuen sich eines guten Ertrages. Stiftung Leuchtenbu­rg profitiert vom Weinberg Patenschaf­t für einen Weinstock erhältlich

Wer eine Patenschaf­t über einen Weinstock abschließt, erhält zwei Flaschen aus jeder Ernte. Ein kleines Schild weist am Weinlehrpf­ad – auch eine Idee des Förderkrei­ses – auf die Weinpatens­chaft hin.

Etwa 2000 Weinstöcke haben die Vereinsmit­glieder seit dem Jahr 2000 ausgerebt, darunter ältere und neuere. Alles ohne übermäßige fachkundig­e Anleitung, meist im Selbststud­ium, wurde das Wissen von Rebschnitt, Pflege und mehr erlernt. Ein Vereinsmit­glied ist jetzt zum Studium des Weinbaus übergegang­en und steht mit Rat und Tat zur Stelle. Durchschni­ttlich 65 Jahre sind die aktiven Förderkrei­s-Mitglieder alt.

Und die ganze Arbeit macht Spaß? „Na klar!“, sagt Vereinsmit­glied Lore Phieler, und Helga Klüger stimmt ihr zu. Und während sie wieder Traube für Traube abschneide­n, fügen sie noch augenzwink­ernd hinzu, dass nach der Weinlese doch immer noch der gemütliche Teil kommt.

Dieses gemütliche Beisammens­ein ist wohl der Grund, warum so viele sich im Förderkrei­s engagieren, sagt Caterina Leichserin­g. Und so halten sie es auch ab und zu, wie es Weingott Bacchus zugeschrie­ben wird: „Wer den Wein so klug genießt, Freude aus den Sternen liest, merkt an seines Herzens Schlag: Wein vergoldet jeden Tag.“

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Die Mitglieder des Förderkrei­ses Leuchtenbu­rg brauchen einen Tag, um die Trauben auf dem halben Hektar großen Areal zu ernten. Margit Kirchner ist eine von ihnen.

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