Eine amerikanische Stimme aus Gera
Max Frankel gilt in den USA als eine der bedeutendsten journalistischen Stimmen des letzten Jahrhunderts. Seine Wurzeln hat der Pulitzer-Preisträger und New-York-TimesChefredakteur in Gera.
Im Herbst 1986 herrscht Papstwahl-Stimmung in New York. Die amerikanische Medienwelt wartet auf weißen Rauch über dem Times Square. Und die große Frage dieser Konklave lautet: Wer wird Abe Rosenthals Nachfolger. Wer übernimmt den Posten des Chefredakteurs bei der New York Times? Immerhin also die inhaltliche Führung über eines der einflussreichsten Blätter der USA.
Die Entscheidung des Verlegers ist dann nur folgerichtig: Die „ Graue Lady“, wie die prestigeträchtige Zeitung noch heute im Volksmund genannt wird, setzt weiterhin auf Tradition: Ab dem 1. November übernimmt der mit 34 Dienstjahren wohl erfahrenste Redakteur des Blattes Max Frankel die Führungsposition.
Zuvor hatte er lange Jahre die Meinungsseite geleitet, sich als Auslandskorrespondent beim Ungarn-Aufstand, in Fidel Castros Kuba und in Nikita Chrustschows Moskau seine journalistischen Meriten verdient. Seit seiner Berichterstattung über Richard Nixons China-Reise gehörte er zu den bis dahin 22 Pulitzer-Preis-Trägern, die der New York Times ihren herausragenden Platz im US-Journalismus sicherten und es noch immer tun.
Doch trotz dieser Vita titelte die deutsche „ Zeit“am 24. Oktober 1986 nicht etwa „ PulitzerGewinner leitet Graue Lady“oder „Erfahrener Korrespondent übernimmt Times-Ruder “, sondern: „Ein Mann aus Gera neuer Chef der New York Times“. Doch wer ist dieser Max Frankel, der bis 1994 die Qualität der Zeitung noch einmal anheben soll? Wie kommt dieser in Thüringen geborene Mann nach New York?