Die Kunst, mit Kritik umzugehen
Sie tut weh und kommt meist unerwartet. Doch man kann der Missbilligung des Chefs die Spitze nehmen
Gegenüber um ein Vier-AugenGespräch bitten“, sagt die Kommunikationstrainerin Barbara Berckhan. Sie schlägt diese Formulierung vor: „Ich habe das Gefühl, dass Sie mir etwas Wichtiges sagen wollen, können wir dazu in Ihr Büro gehen?“
Egal, worum es dem Kritisierenden inhaltlich geht: „Erst einmal zuhören“, empfiehlt Barbara Berckhan. „Gerade wenn jemand mit Wucht auf Sie zukommt, hat er Emotionen aufgestaut, die er nun loswerden muss.“Die Psychotherapeutin Dr. Doris Wolf rät dazu, tief durchzuatmen und eine selbstsichere Körperhaltung einzunehmen, um sich innerlich klarzumachen: Von der Situation geht keine Lebensgefahr aus – auch wenn manchem die aufsteigende Panik gerade das signalisiert.
Fällt die Kritik besonders hart aus, hilft es, sich innerlich zu beruhigen, so Doris Wolf: „Es ist nur seine Sicht der Dinge. Ich kann ruhig zuhören und prüfen, was ich damit anfange. Er hat keine Macht über mich.“ Manchmal ist schwer auszumachen, ob eine Kritik berechtigt ist, ob der andere nur Frust ablädt, oder ob es sich einfach um ein Missverständnis handelt. Eine Reaktion aus der Überrumpelung heraus geht daher oft nach hinten los. Wer merkt, dass er auch nach kurzer Atempause nicht angemessen reagieren kann, sollte um eine kurze Unterbrechung bitten und sich für einen Moment sammeln.
Die Reaktion, ob spontan oder nach Bedenkzeit, sollte dem Gegenüber zeigen, dass man seine Kritik ernst nimmt, rät Barbara Berckhan. Das kann bedeuten, dass man erklärt, welche Missverständnisse oder Abläufe zu dem Fehler geführt haben. Vielleicht ist eine Entschuldigung angebracht.
Doris Wolf: „Ab heute kränkt mich niemand mehr: 101 Power-Strategien, um Zurückweisung und Kritik nicht mehr persönlich zu nehmen“; PAL Verlag, 14,80 Euro „Niemals aber sollte man sich als Opfer präsentieren“, so Berckhan. Wurde ein konkretes Verhalten kritisiert, bleibt nur: Einsicht zeigen, wenn die Kritik gerechtfertigt ist, und Besserung geloben.
Selbst wenn die Kritik extrem unsachlich vorgebracht wurde, sollte man nicht einfach zurückschießen, sondern das Gespräch auf eine sachliche Ebene zurückholen, rät Doris Wolf: „Fragen Sie genau nach, worauf der Kritiker seine Kritik bezieht und was er damit meint. Gestehen Sie ihm seine eigene Sichtweise zu, aber bestehen Sie auf Ihre Grenzen.“Auch der Chef dürfe in die Schranken gewiesen werden, in etwa so: „Ich verstehe Ihren Ärger. Es tut mir leid. Sprechen Sie aber bitte in einem anderen Ton mit mir.“ Mit Kritik richtig umzugehen, ist eine Sache – sie richtig zu äußern, eine andere. Wenn man Woche für Woche im Mittelpunkt kleiner Scherze steht, mit denen der Chef das Kollegium erheitert – dann ist es Zeit für ein offenes Gespräch. „Aber niemals aus dem Affekt heraus!“, rät Barbara Berckhan.
Man sollte also überlegen: ,Was genau stört mich eigentlich?‘ und das in präzise Worte fassen. „Signalisieren Sie, dass Sie den anderen achten oder mögen, aber dieses konkrete Verhalten nicht akzeptieren“, sagt Doris Wolf. Manchmal hilft Lob zum Einstieg. „Ein Lob für das, was funktioniert, wirkt wie eine Schutzmatte und kann die Kritik ein wenig abpuffern.“Hat man seine Kritik vorgebracht, sollte man dem Gegenüber Zeit für eine Antwort lassen, und dann eine Art „gemeinsame Vereinbarung“treffen, so Berckhan. „Nicht diktatorisch etwas einfordern, sondern den anderen mit ins Boot holen.“
Gerade bei komplexeren Problemen, etwa bei Streitereien über Aufgabenverteilung oder Arbeitsabläufe, sind gemeinsame Lösungen die beste Wahl. „Man sollte etwas aushandeln, das für beide Seiten funktioniert“, sagt Berckhan. „Und wenn es danach besser läuft: Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!“Zu einer Kritik gehöre stets auch das positive Feedback, wenn sich etwas bessert.