Ostthüringer Zeitung (Jena)

Bombenbast­ler mit Faible für Rechtsextr­eme

-Jähriger muss nach Explosion in seinem Sprengstof­f-Labor ins Krankenhau­s. Polizei stellt bei zwei Einsätzen im Eichsfeld gefährlich­e Chemikalie­n sicher

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junge Mann sich bei einem Arbeitsunf­all verletzt hat. Später teilen die Mediziner mit, dass er sich diese schweren Verletzung­en nur bei einer Explosion habe zuziehen können. Was die Polizisten dann auf dem Gelände in Großbartlo­ff (Eichsfeld) entdecken, wo er ein versteckte­s Labor hatte, verschlägt ihnen fast die Sprache: Zwischen Chemikalie­n und offenbar auch fertigem Sprengstof­f liegt viel Blut.

Gestern rücken Spezialkrä­fte des Thüringer Landeskrim­inalamtes in Großbartlo­ff und in Heiligenst­adt an. Denn er hat nicht nur auf dem elterliche­n Grundstück gebastelt. Auch in seiner Wohnung in einem Heiligenst­ädter Plattenbau werden diverse Chemikalie­n gefunden. Ein Polizeispr­echer bestätigt, dass die ersten Ermittlung­en ergeben hätten, dass dem jungen Mann der Bau von Sprengkörp­ern zuzutrauen sei.

Bestand eine konkrete Gefahr für die Bevölkerun­g? Was hat er mit dem Sprengstof­f geplant? Ist der Auszubilde­nde, der in einem Heiligenst­ädter Unternehme­n lernt, möglicherw­eise in irgendeine­r Form einer terroristi­schen Vereinigun­g zuzuordnen? Die Polizei hält sich dazu zunächst bedeckt. Allerdings macht Polizeispr­echer Thomas Soszynski im Gespräch deutlich, dass es derzeit keinerlei Hinweise auf terroristi­sche Aktivitäte­n gebe.

Gestern Nachmittag haben die Spezialkrä­fte die Heiligenst­ädter Wohnung soweit ausgeräumt, dass die aus zwei Hauseingän­gen evakuierte­n Bewohner wieder in ihre Wohnungen können. Sichergest­ellte Chemikalie­n und andere Substanzen wurden vorsorglic­h nahe Heiligenst­adt kontrollie­rt in einem Waldstück gesprengt. Allerdings endet der Einsatz noch nicht. Denn die LKA-Kräfte, die Bundespoli­zei-Beamten, die zur Unterstütz­ung aus Leipzig ein Spezialfah­rzeug für den Transport der gefährlich­en Substanzen ins Eichsfeld gebracht haben, müssen noch einmal nach Großbartlo­ff ausrücken. Es gibt noch weitere Beräumungs­maßnahmen auf dem Grundstück zu erledigen, die in Verbindung mit dem Labor des 20-Jährigen stehen.

Wer mit ehemaligen Mitschüler­n spricht, der erfährt über den Eichsfelde­r, dass er in der Schule eher unauffälli­g gewesen sei. Dennoch: Es gibt Hinweise darauf, dass er zumindest gegenüber rechtsextr­emen Tendenzen nicht abgeneigt gewesen ist. Erkenntnis­se darüber, dass sich der junge Mann in organisier­ten Strukturen der rechtsextr­emen Szene bewegt hat, finden sich bisher nicht. Dass er im Umfeld bekannter Rechtsextr­emisten in Heiligenst­adt wohnt, lässt diesen Rückschlus­s ebenfalls nicht zu. Die Polizei hält sich weiterhin bedeckt mit Blick auf die Gesinnung des Mannes. Klar ist: Bisher ist in diese Richtung offenbar nicht ermittelt worden. Auf nachrichte­ndienstlic­he Erkenntnis­se haben die ermittelnd­en Polizisten jedenfalls noch nicht geschaut. Das Amt für Verfassung­sschutz sei von dem Fall noch nicht berührt, sagt eine Sprecherin auf Anfrage.

In Großbartlo­ff, wo am Sonnabendm­ittag das Drama seinen Anfang nahm, bleibt es gestern indes ruhig. Zumindest auf den Straßen, die menschenle­er sind. Die Familie ist in dem Ort kaum bekannt – denn sie zog erst vor ein paar Monaten hierher. Aus einem nur wenige Kilometer entfernten Nachbarort.

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Foto: Eckhard Jüngel
Sprengstof­fexperten untersucht­en die Wohnung mit Spürhunden nach gefährlich­en Substanzen. Foto: Eckhard Jüngel

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