Ostthüringer Zeitung (Jena)

So kann sich Demokratie nicht schützen

- Von Jörg Riebartsch

Was wiegt schwerer? Brandstift­ung in Hamburg am Rande des G-20-Gipfels oder Hitlergrüß­e in Themar in Südthüring­en? Kriminell und blöde sowie politisch motiviert war beides.

Brandstift­ung gilt als gemeingefä­hrliche Straftat.

Schnellt der rechte Arm nach oben, ist es auch eine Straftat, weil Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen verwendet werden.

Verhindern konnte der demokratis­che Rechtsstaa­t beides nicht. Und dass Versichere­r den Ersatz des Schadens abgebrannt­er Autos mit dem Passus „innerer Unruhen“ablehnen, folglich in Hamburg dieser Zustand herrschte, macht nicht nur nachdenkli­ch. In Hamburg und Themar hat man exemplaris­ch vor Augen geführt bekommen, woran es in Deutschlan­d hapert: Kriminalpr­ävention mit Gefahrenab­wehr und Strafverfo­lgung.

Gelernt wird nichts. Denn die Ereignisse in Hamburg hatten im März 2015 einen Vorläufer, und zwar in Frankfurt am Main. Dort wurde die Europäisch­e Zentralban­k eingeweiht. Brennende Barrikaden und brennende Autos sind offensicht­lich nicht mehr im Gedächtnis, nachdem etwa 4000 Randaliere­r und Brandschat­zer aus Europa durch Frankfurt zogen. Nach großer Empörung kam es zu 675 Ermittlung­sverfahren. 645 davon wurden eingestell­t.

Es gab lediglich acht Prozesse. Zwei der Verfahren wurden ergebnislo­s beendet. Bei den wenigen Verurteilt­en traf es – Achtung – einen jungen Mann, der ausgerechn­et aus Hamburg kommt. Er erhielt eine Strafe, die für 14 Monate zur Bewährung ausgesetzt ist. Erwiesen war schwerer Landfriede­nsbruch. Außerdem schlug er mit einer schweren Holzlatte einen Polizisten. Aber die Staatsanwa­ltschaft war nicht mal in der Lage, das Opfer als Zeugen beizuschaf­fen.

Es beunruhigt, dass sich sowohl in Frankfurt als auch in Hamburg und Themar hinterher Innenbehör­den und Polizei überrascht gaben von der Menge der Angereiste­n und der Intensität der Straftaten.

Das bedeutet nämlich, dass die Sicherheit­sbehörden in Deutschlan­d keinen Plan haben, wie viel gewalttäti­ge Linksextre­misten im Inland und europäisch­en Ausland vernetzt sind. Und man ist nicht in der Lage die Zahl reisewilli­ger Rechtsextr­emer zu benennen. Das heißt auch, Polizei und Staatsschü­tzer wissen noch nicht einmal, wie die genannten Gruppen kommunizie­ren.

So kann sich die Demokratie nicht dauerhaft vor ihren Feinden schützen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany