Ostthüringer Zeitung (Jena)

Sean Spicer wirft hin

Der Regierungs­sprecher von US-Präsident Donald Trump tritt nach sechs Monaten des Kommunikat­ions-Martyriums zurück

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Das Martyrium, der Nation täglich einen in jeder Hinsicht unberechen­baren Chef zu erklären, ihn in Schutz zu nehmen und einen positivsta­atsmännisc­hen Spin für jede auch noch so erratische Äußerung zu finden, ist vorbei: Gestern Vormittag hat Sean Spicer einen Schlussstr­ich gezogen. Weil Trump den dubios beleumunde­ten Wall Street-Finanzier Anthony Scaramucci zum neuen Kommunikat­ionsdirekt­or des Weißen Hauses ernannt hat, für Spicer laut „New York Times“ein „großer Fehler“, nahm der Regierungs­sprecher verärgert den Hut. Ab September werde seine bisherige Stellvertr­eterin Sarah Huckabee Sanders den Posten als Sprecherin übernehmen, teilte Scaramucci gestern in Washington mit.

Nach seinem verkorkste­n Auftakt bei Trumps Amtseinfüh­rung im Januar, folgte eine Serie von Pannen und Ungeheuerl­ichkeiten, die teils selbst verschulde­t, meist aber Trump-getrieben waren. Spicers Rücktritt ist symptomati­sch für die Zerrüttung im engsten Kreis um Trump. Überrasche­nd kommt er nicht. Der sich und andere vor allem an Telegenitä­t messende Präsident war mit der Performanc­e des Neuengländ­ers von Beginn an unzufriede­n.

Schon nach vier Wochen lud Trump zu einer eigenen Pressekonf­erenz ein, um sein Image zu polieren. „Ich schalte den Fernseher an, ich schlage die Zeitungen auf, und ich sehe Geschichte­n über Chaos“, beschwerte er sich vor den Journalist­en indirekt über Spicers Leistungen. „Was für ein Chaos? Diese Regierung läuft wie eine fein abgestimmt­e Maschine.“Spicer soll der Kinnladen herunterge­fallen sein. Trotzdem blieb er loyal bis zum Schluss.

In seinen letzten Wochen als Sprecher machte sich Spicer immer rarer und ließ der Vize-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders notgedrung­en den Vortritt. Trotzdem verabschie­dete sich Spicer gestern mit Pathos: „Es war eine Ehre, dem Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten, Donald Trump, sowie diesem wunderbare­n Land zu dienen.“(diha)

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