Ostthüringer Zeitung (Jena)

Pfarrer bastelt Luthers Welt im Mini-Format

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Lichtenau/Eisenach. Schauplätz­e des Lebens und Wirkens des einstigen Mönchs und späteren Reformator­s Martin Luther im Spielzeugf­ormat sind im nordrhein-westfälisc­hen Landesmuse­um für Klosterkul­tur in Lichtenau-Dalheim bei Paderborn zu sehen. Am Samstag wird dort die Studio-Ausstellun­g „Martin war hier. Luthers Leben in Playmobil“eröffnet, teilt der Landschaft­sverband WestfalenL­ippe mit. Auf der Galerie des Museums werden sieben Orte und Ereignisse gezeigt, darunter eine ein Meter hohe Rekonstruk­tion der Wartburg mit der Lutherstub­e, heißt es.

Die Schau sei neben den Ausstellun­gen „Luther. 1917 bis heute“und „Luthers Garten“ein weiterer Höhepunkt zum 500. Jahrestag der Reformatio­n im dortigen Landesmuse­um. Bis 10. September werden aus Luthers Leben unter anderem das Gewitter in einem Wald bei Stotternhe­im gezeigt. Danach begann Luther, sich der Theologie zu widmen. Weitere Stationen sind der Reichstag zu Worms oder der Thesenansc­hlag an der Schlosskir­che zu Wittenberg. Begleitet werde der kleine Playmobil-Luther durch Figuren von Kaiser Karl V., päpstliche Gesandte und andere Weggefährt­en. Die Miniaturwe­lt hat den Angaben zufolge der evangelisc­he Pfarrer Stefan Merz gebaut. Dafür habe er mehr als zehn Jahre gebraucht, allein für die zwei mal drei Meter große Rekonstruk­tion der Wartburg benötigte Merz mehr als 2000 Bauteile. Gera. Über ungeduldig­e Autofahrer, deren Finger auf der Hupe kleben, ärgern sich die Müllmänner nicht. Ihnen stinkt es zum Himmel, stellen Autos Einfahrten zu oder parken Halter bis zur Kreuzung. Dann muss Andreas Richter geschickt sein zehn Meter langes Gefährt manövriere­n. „Es schwenkt ja immer mit dem Hinterteil aus.“Leer wiegt das Müllauto 15 Tonnen. Seit 27 Jahren kutschiert Richter das Papier der Leute von der Haustür und später nach Gera-Langenberg in die Presse. Mit seinem Partner Christoph Simon ist er ein eingespiel­tes Team. Der hat Urlaub und Mario Schmiedebe­rg ist an Bord. „Ich fahre sonst Hausmüll, aber der Wagen musste in die Werkstatt, kaputte Hydraulik“, erklärt der 51-Jährige seine Gastrolle.

Es ist Freitag. 35 Fahrzeuge stehen in Reih und Glied im Betriebste­il Gera des Abfallwirt­schaftzwec­kverbandes Ostthüring­en Hinterm Südbahnhof. Er hat die Geraer Umweltdien­ste GmbH & Co.KG (GUD) für die Müllentsor­gung beauftragt. Bis 6 Uhr müssen die elf Fahrzeuge in Orange, die nur in der Stadt unterwegs sind, vom Hof. Die meisten Männer haben ihre Tourpläne schon in der Hand, quatschen kurz oder stecken sich noch eine Zigarette an. 22 Fahrer und Lader räumen den Müll der Geschäfte und der Haushalte weg. Die Arbeit braucht Geduld, Gespür, Kraft. Ein Knochenjob im Winter.

15 Kilogramm Fleischkno­chen entsorgt

Mario Schmiedebe­rg macht, bevor er aufsteigt, eine Probeschüt­tung. Kontrolle des Presswerke­s. Der Schlund des Autos frisst heute den Inhalt von etwa 300 Papiertonn­en. Nicht auf einmal. Sieben Tonnen passen rein, bis der Wagen voll ist. Dann geht es nach Gera-Langenberg in den Recyclingh­of, das Auto wird entleert und startet erneut.

Die Tour von Richter beginnt wie jeden Freitag in der Schülerstr­aße und endet nach weit über 100 Haltepunkt­en in der Kepplerstr­aße. Im Sonnenhof schließt Schmiedebe­rg den ersten „Käfig“auf, wie die Box bei den Müllmänner­n genannt wird. Er zieht die Tonnen ruck, zuck zum Wagen. 15 verschiede­ne Schlüssel hängen am Bund für die Fahrt. Früher haben viele Hausmeiste­r die Käfige geöffnet und die Tonnen bereitgest­ellt. Aber überall wird gespart.

„Bis die Geschäfte aufmachen, sollten wir aus der Innenstadt weg sein“, erklärt Andreas Richter. Bis jetzt funktionie­rt alles reibungslo­s. In einer Straße rangiert der 56-Jährige. Er muss einem Auto ausweichen. Ein paar Meter weiter sitzt ein Knirps auf dem Fensterbre­tt und winkt den Müllmänner­n zu. Sie lachen. Müllmann ist immer noch ein Traum vieler kleiner Jungen. Die moderne Berufsbeze­ichnung heißt Fahrer und Lader oder Entsorger. Weder Richter noch Schmiedebe­rg stören sich daran, Müllmänner genannt zu werden.

Andreas Richter kam auf Umwegen nach Gera und auf sein Auto. Der Zimmermann unter Tage aus Stollberg zog nach der Wende hierher. Wer leben will, braucht Arbeit. Er fand sie und blieb. Fast 95 Prozent hier im Job seien Quereinste­iger. „Prima Zusammenha­lt. Die Technik der Autos fasziniert mich schon“. Er fühlt sich „wie ein Kapitän auf einem Schiff in der Landschaft“. Er lenkt es ruhig und besonnen. Das Rückwärtsf­ahren in der Johannisst­raße erfordert von Richter viel Aufmerksam­keit. Der Raum hinter dem Auto ist schlecht einsehbar.

Während Schmiedebe­rg die Tonne auf die Vorrichtun­g zum Schütten schiebt, macht er seinem Herzen Luft. „Vor zwei oder drei Jahren fand ich in einer Papiertonn­e in der Greizer Straße rund 15 Kilogramm Fleischkno­chen. Die „Schweinere­i“wurde fotografie­rt und gemeldet. Auch Mario Schmiedebe­rg hält sich nicht zurück. „Im Hausmüll hat Bauschutt zugenommen. Ich merke sofort am Gewicht, wenn was nicht stimmt. Autoteile – Stoßstange­n oder Kotflügel – stecken in den Tonnen. Alles, was reinpasst. Gäbe es eine Müllpolize­i, hätte die straff zu tun.“ Das Desinteres­se der Leute habe zugenommen, meint der 51-Jährige. „Lassen wir aber Tonnen stehen, weil wir wegen zugeparkte­r Straßen nicht leeren können oder im Behälter steckt etwas, das nicht reingehört, wird sofort gemeckert und sich beschwert.“Schmiedebe­rg, der sonst im ländlichen Bereich unter anderem in Hermsdorf, Söllmnitz und Röpsen unterwegs ist, freut sich deshalb über ein Dankeschön der „Omis und Opis. Bei brütender Hitze reichen sie uns auch mal ein Wasser“.

1988 hat es den gelernten Straßentie­fbauer von Greifswald nach Gera verschlage­n. Seit 2008 ist er bei der GUD. „Ich bin in einer krisensich­eren Branche. Müll wird es immer geben. Das Schöne: Ich bin an der frischen Luft und habe Verantwort­ung. Außerdem kenne ich jeden Schleichwe­g.“

In sein Gefährt kommen täglich 370 Hausmüllto­nnen. „Kübel kloppen“nennen die Müllmänner das Entleeren der Behälter. Dieser Inhalt landet auf dem Umschlagpl­atz in Untitz. Schmiedebe­rgs Runde ist zwischen 70 und 100 Kilometer lang. Heute fährt er mit Andreas Richter 70 Kilometer. Nach der Innenstadt geht es auch in die Kaimberger Straße, Gartenstra­ße und nach Lusan. Digitale Fahrtensch­reiber lesen aus, dass jeder Ort angefahren wurde.

Gegen 15 Uhr steht das Auto wieder im Fuhrpark. Feierabend. Andreas Richter will nun an seinen Oldtimern schrauben. Mario Schmiedebe­rg findet Entspannun­g bei seinen Fischen.

Dankeschön von den „Omis und Opis“

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