Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Wie Cranach das Bild des Reformators Luther prägte
Wittenberg. Niemand hat Luther (1483-1546) zu dessen Lebzeiten so häufig porträtiert wie sein enger und geschäftstüchtiger Maler-Freund in Wittenberg. Massenweise verbreitete Cranachs äußerst effiziente Werkstatt Luther-Porträts im deutschen Sprachraum – und trug damit auch den Reformationsgedanken in die Welt.
„Cranach hat am Image Luthers gefeilt“, sagt Gunnar Heydenreich, Leiter des Forschungsprojekts „Cranach Digital Archive“zur digitalen Erschließung der Gemälde des bedeutenden Renaissance-Malers. „Da lag sicherlich auch eine klare Medienstrategie hinter.“Bedeutende Luther-Bilder Cranachs sind auch Teil einer Ausstellung von rund 230 Arbeiten zum Gesamtwerk von Lucas Cranach, die ab 8. April im Museum Kunstpalast in Düsseldorf zu sehen ist.
1517 soll Luther seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel an die große Pforte der Wittenberger Schlosskirche angeschlagen haben, schon wenige Jahre danach legte Cranach, Hofkünstler des sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise, los – und machte damit auch im Auftrag seines Herrn Politik. Die ersten Bildnisse, die Luther als Mönch mit Tonsur zeigen, entstanden um 1520 und waren Kupferstiche. Zwei Fassungen gibt es von diesen frühen Porträts – für Daniel Görres, der zusammen mit Heydenreich die Düsseldorfer Cranach-Schau kuratiert, ist das ein Zeichen, dass schon früh am Image Luthers „aktiv gearbeitet“wurde.
Denn in der zweiten Fassung sitzt der einfache Mönch Luther in einer Nische, was in der Bildsprache der Renaissance für eine geistige Erhöhung steht, und er wird mit der Bibel in der Hand dargestellt. Als der für vogelfrei erklärte Luther mithilfe des Kurfürsten auf der Wartburg als Junker Jörg Asyl findet, ist die Öffentlichkeit der Meinung, der Reformator wäre tot. Cranach trifft Luther bei dessen heimlichen Besuch in Wittenberg und zeichnet eine Porträtskizze von ihm, die zur Vorlage des bekannten Bildes von Luther mit Vollbart, markanten Gesichtszügen und entschlossenem Blick wird. „Er gibt Deutschland quasi den Reformator zurück“, so Görres.
Auch der „unerhörten“Ehe Luthers mit der entlaufenen Nonne Katharina von Bora verhalf Cranach mit seinen Kapselund Doppelbildnissen des Paares zur Legitimation qua Bild. Geschäft und Privates verschränkten sich: Cranach war auch Trauzeuge Luthers und Patenonkel eines der Kinder.
Tausende Luther-Porträts sollen aus Cranachs Werkstatt wie Flugblätter in die Welt geschickt worden sein.