Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Verteidiger haben von Zschäpe endgültig genug
Die drei ursprünglichen Anwälte der Hauptangeklagten beantragen ihre Entpflichtung – wieder einmal
von ihrer Pflichtverteidigung entbunden zu werden.
In einem Schreiben an das Gericht legen sie detailliert dar, dass sie im Einverständnis mit Zschäpe und ihrem vierten Verteidiger, Matthias Grasel, gehandelt hätten. Entweder, argumentierten sie, lüge der Anwalt oder ihre Mandantin. Deshalb sei die Fortsetzung der Verteidigungstätigkeit für Zschäpe „auch in persönlicher Hinsicht nicht mehr zumutbar“.
Es ist die zweite große Verteidigerkrise in dem Prozess vor dem Oberlandesgericht München, der nun schon fast vier Jahren andauert. Im Sommer 2015, am 209. Verhandlungstag, hatte Zschäpe überraschend beantragt, Sturm von ihren Aufgaben zu entbinden, da sie ihr nicht mehr vertraue.
Das Gericht folgte dem nicht, ordnete Zschäpe aber mit Grasel einen zusätzlichen Verteidiger zu – woraufhin Heer, Stahl und Sturm wiederum ihre Entpflichtung beantragten. Auch diesen Antrag lehnte das Gericht ab. In Folge zeigte Zschäpe ihre drei Anwälte an, weil sie angeblich ihre Privatgeheimnisse verletzt hatten. Die Ermittlungen wurden indes eingestellt.
Die Angeklagte, der unter anderem eine Verurteilung als Mittäterin an den NSU-Verbrechen droht, änderte daraufhin ihre Schweigestrategie und ließ von Grasel eine 53-seitige Aussage verlesen, in der sie außer einer Brandstiftung keine Tat zugab. Stattdessen beschrieb sie sich als Opfer. Auch danach beantwortete sie teilweise Fragen über ihren neuen Anwalt.
Mit ihren Altverteidigern hat sie seitdem kaum noch Kontakt, obwohl sie auch in den vergangenen knapp zwei Jahren neben ihnen auf der Anklagebank saß. Allerdings versuchten Heer, Stahl und Sturm, ihre Aufgaben weiterhin wahrzunehmen. Sie befragten Zeugen oder stellten – so wie zuletzt – Befangenheitsanträge.
Die neuesten Manöver dürften dafür sorgen, dass der Prozess auch in nächster Zeit nur langsam vorankommt. Zwar hatte der Vorsitzende Götzl zuletzt angekündigt, die Beweisaufnahme schließen zu wollen – woraufhin jedoch die Verteidiger von Zschäpe und vom Mitangeklagten Ralf Wohlleben eine Unterbrechung erzwangen.
Die Hauptverhandlung soll heute fortgesetzt werden.