Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Mehr Teilzeit und Leiharbeit
Studie: Zahl der Minijobber sinkt
Berlin. Der Arbeitsmarkt in Deutschland boomt. Nicht nur die Zahl der Vollzeitbeschäftigten steigt, sondern auch der Anteil von Teilzeitstellen, Leiharbeit und Minijobs ist weiter gestiegen und befindet sich auf dem höchsten Stand seit 13 Jahren. Dies hat eine aktuelle Studie des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung ergeben.
2016 hatten insgesamt 14,5 Millionen Bürger sogenannte atypische Jobs. Dies entspricht 39,6 Prozent aller abhängigen Beschäftigungsverhältnisse – ohne Beamte und Selbstständige. Im Vorjahr lag die Quote noch bei 39,3 Prozent. Insgesamt sind bundesweit 22,8 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
„Insbesondere die Zahl der Teilzeit- und Leiharbeiter hat 2016 weiter zugenommen“, beschreibt der Arbeitsmarktexperte Toralf Pusch die Entwicklung. Allerdings habe die Zahl der oft besonders schlecht bezahlten und abgesicherten Minijobber im Haupterwerb um etwa 46 000 Beschäftigte abgenommen – auf 5,14 Millionen.
2016 arbeiteten etwa 23 Prozent aller abhängig Beschäftigten in Teilzeitjobs – mehr als drei Viertel davon waren Frauen. Viele reduzieren ihre Arbeitszeiten, um Kindererziehung und Beruf zu vereinbaren. Zugleich erhalten 28 Prozent der Teilzeitkräfte einen Stundenlohn, der unter dem Niedriglohn von 9,75 Euro brutto liegt. Einen Minijob als Hauptverdienst hatten 14,1 Prozent der Beschäftigten. Dort liegt der Niedriglohnanteil mit gut 70 Prozent sehr hoch. (bk) Wolfsburg. Lange hielten sie die Füße still. Nicht einmal anonym wollten sich Vertragshändler des VW-Konzerns dazu äußern, was der Abgas-Skandal für ihr Geschäft bedeutet. Umso heftiger fällt nun die öffentliche Kritik der Händler aus. In einem beispiellosen Vorgang attackiert der Verband von deutschen Autohäusern den eigenen Konzern und wirft ihm bei der Bewältigung der Abgas-Affäre massive Fehler vor. „Das Vertrauen zwischen Händlern und VW ist massiv belastet“, sagte Dirk Weddigen von Knapp, Chef des Händlerverbands, der „Süddeutschen Zeitung“. Der Volkswagenund Audi-Partnerverband vertritt nach eigenen Angaben knapp 2000 der gut 2300 in Deutschland niedergelassenen Händler der Marken Audi, VW PKW und VW Nutzfahrzeuge.
„Die Täuschung von VW hat VW-Kunden verärgert. Lange waren wir dabei ziemlich gelassen. Aber das ändert sich“, so der Verbandsboss. Er spricht für all die Vertriebspartner, die seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals unter der Last der technischen Probleme und der finanziellen Folgen der Kundenklagen ächzen. Die Händler werfen VW und Audi mangelnde Unterstützung bei der Bewältigung der Affäre vor: Die Umrüstung der betroffenen Autos laufe nicht wie geplant, das zentrale IT-System falleimmerwieder aus, berichtet die „SZ“.
Nun bekommt Volkswagen erstmals öffentlich den Zorn seiner Vertriebspartner zu spüren. Für die Beseitigung der Folgen des Abgas-Skandals seien sie gut genug, kritisieren die Händler mit Blick auf inzwischen 1,7 Millionen manipulierte Autos, die umgerüstet wurden. Doch als Lohn für diese Prellbockfunktion würden sie jetzt offenbar im Stich gelassen. Denn Volkswagen will neue Verträge mit seinen Händlern und Werkstätten aushandeln. Die sehen sich dadurch in ihrer Existenz gefährdet.
Zu den geplanten Vertragsänderungen gehörten „massive Eingriffe in das bisherige Kerngeschäft des Handels“, schreibt Dirk Weddigen von Knapp, Geschäftsführer des Verbands. Die deutschen Handels- und Servicepartner investierten täglich eigene Ressourcen, um die Folgen des Abgas-Betrugs geradezurücken. Und sie kämpften um jeden Kunden. „Anstatt diese Anstrengungen zu honorieren, nimmt man ihnen jetzt jede Planbarkeit und verschiebt die eigenen Kostenprobleme auf die Autohäuser“, so der Verbandschef.
Hintergrund der Vertragsverhandlungen ist der Umbruch in der Autoindustrie, vor allem durch die Digitalisierung. So sollen in Zukunft zum Beispiel einzelne Leistungen online buchbar sein, wofür der Kunde nicht mehr extra in die Werkstatt muss. Daneben beklagt der Verband, der Autobauer wolle den Verkauf von großen Flotten stärker selbst übernehmen und den Direktvertrieb übers Internet vorantreiben. Außerdem wolle Audi „erstmals in der Geschichte“des VW-Konzerns nicht mehr jedem Partner die gesamte Produktpalette zur Verfügung stellen.
Audi hat die Gespräche mit den Partnern bereits aufgenommen. Eine VW-Konzernsprecherin sagte, man stehe seit mehreren Monaten im intensiven Austausch mit Händlervertretern in ganz Europa, „um die bevorstehende und notwendige Transformation gemeinsam zu gestalten und auszuplanen“. Experten halten das auch für nötig. „Das Autohaus in seiner heutigen Struktur wird nicht stehen bleiben als eine Art Museum der Industriekultur“, sagt Autofachmann Ferdinand Dudenhöffer und rechnet vor: „Mehr als zehn Prozent des Kaufpreises für sein neues Auto bezahlt der Käufer nur zur Deckung der Kosten beim Autohaus.“Den Autovertrieb werde man in zehn Jahren nicht wiedererkennen, meint der Experte. „Google und Amazon setzen die Standards – und nicht der VW-Händler im Gewerbegebiet.“
Stefan Reindl vom Institut für Automobilforschung verweist auf eine Schicksalsgemeinschaft: „Beide Seiten sind aufeinander angewiesen.“VW benötige auch künftig „stabile Händlerund Servicenetze“– und die Händler schon wegen der hohen Sach- und Personalkosten zuverlässige Hersteller. Statt „auf Konfrontation zu setzen“, müsse man „einen tragfähigen Konsens finden“, so Reindl. „Im Grunde bleibt beiden Seiten auch nichts anderes übrig.“Sonst werde es „nur Verlierer geben“– nicht zuletzt die Kunden. Brüssel. Die EU-Kommission bestraft Facebook mit einer Buße von 110 Millionen Euro für unkorrekte Angaben bei der Übernahme des NachrichtenÜbermittlers WhatsApp. Die Brüsseler Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte per Twitter, Facebook habe zu dem Deal 2014 „falsche/irreführende Informationen“geliefert. Damit habe der US-Konzern das Prüfverfahren unzulässig zugunsten der Transaktion beeinflusst. Die Genehmigung der Übernahme soll aber nicht rückgängig gemacht werden.
Es geht um die Verknüpfung von Benutzerdaten. Facebook hatte seinerzeit erklärt, ein Abgleich der Daten beider Firmen sei technisch nicht machbar. Doch zwei Jahre später stellte sich heraus, dass die Telefonnummern der WhatsApp-Kunden mit Facebook-Profilen verknüpft werden können – hilfreich bei gezielter Werbung.
„Die heutige Entscheidung ist ein klares Signal an die Unternehmen, dass sie sich an alle Punkte der Fusionsregeln halten müssen, auch an die Verpflichtung zu korrekter Information“, sagte Vestager. Ihr Haus brauche akkurate Angaben, um Wettbewerbsfälle beurteilen zu können. Die Buße sei „angemessen und abschreckend“. Der EUStrafrahmen sieht dabei Bußgelder bis zu einem Prozent des Jahresumsatzes vor.