Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Keine Partei engagiert für Atheisten

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Zum Beitrag „Das wird ein schwierige­s Gespräch“(OTZ, 21.6.2017) diese Meinung.

Um diesen Auftrag des Thüringer Ministerpr­äsidenten ist die Chefin der Thüringer Linken sicher nicht zu beneiden. Nach der Lektüre dieses Artikels habe ich den Eindruck, dass hier Vertreter einer Religionsg­emeinschaf­t sich in massiver Intoleranz gegenüber Andersdenk­enden üben. Mit der Christenfe­indlichkei­t in der DDR kann es wohl nicht ganz so schlimm gewesen sein, wenn auch eine Pfarrersto­chter studieren und sich so qualifizie­ren durfte, dass sie heute das Amt einer Bundeskanz­lerin ausüben kann.

Ich selbst durfte aus „kaderpolit­ischen“Gründen nach dem Abitur in der DDR nicht studieren, weshalb meine Sympathien für die DDR sich in engen Grenzen hielten. Obwohl ich politisch immer sehr interessie­rt war, habe ich aber von den „Verbrechen an Hunderttau­senden Christen“in der DDR nichts mitbekomme­n. In einem Zeitalter, in dem die Menschheit Hunderttau­sende Kilometer ins Weltall vorgedrung­en ist und auf keine Götter gestoßen ist, darf man es aufgeklärt­en Menschen doch nicht verübeln, wenn sie von der Evolution überzeugt sind und Zweifel an religiösen Dogmen oder am „Urknall“haben.

Aus der Entwicklun­g der Menschheit ist gut zu erkennen, dass sich die religiösen Anschauung­en mit zunehmende­m Erkenntnis­stand ständig verändert haben. Glaubten die Germanen noch an die Existenz von Donar und Freya oder die alten Griechen an Zeus, Athene und Aphrodite, so änderten sich die Überzeugun­gen bis hin zu den monotheist­ischen Religionen, die Frauen von Funktionen in ihrer Kirche ausschließ­en oder sogar einst auf dem Scheiterha­ufen verbrannte­n. In den ostdeutsch­en Bundesländ­ern ist es aktuell eine Mehrheit von 68 Prozent, die sich weltanscha­ulich anders orientiert hat.

Ich finde es in diesem Zusammenha­ng traurig, dass sich heutzutage keine unserer Volksparte­ien für diesen atheistisc­hen Teil unserer Bevölkerun­g engagiert. Sogar diskrimini­erend finde ich es, wenn in unseren Medien aktuell nur die Begriffe „Gottlose“oder „Religionsl­ose“gebraucht werden, womit ein negativer Aspekt von Haltlosigk­eit, Verantwort­ungslosigk­eit und ähnliches assoziiert wird.

Gerd Nagel, Wurzbach

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