Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Klarsicht statt Nebel
Komplexe Themen sind schwer zu beschreiben und noch schwerer zu verstehen. So verhält es sich mit dem Entwurf eines globalen Paktes, mit dem weltweit eine „sichere, geordnete und reguläre Migration“auf der Welt realisiert werden soll. 192 von 193 Staaten der Vereinten Nationen haben daran gearbeitet. Auf 32 Seiten wird alles Gute auf der Welt beschrieben. Im Dezember soll dieses Papier in Marokko verabschiedet werden. Es ist für die unterzeichnenden Staaten allerdings rechtlich nicht bindend.
Der schwülstige Text vernebelt die Sinne. So lässt sich je nach politischer Ausrichtung das Papier entweder als Aufruf geißeln, damit sei eine Einladung an alle Wirtschaftsflüchtlinge der Welt ausgesprochen. Das tat die parlamentarische Minderheit im Bundestag, die AFD. Oder man feiert dies als perspektivische Erleuchtung in das undurchsichtig Dunkle der gegenwärtigen Zuwanderung hinein, wie die Mehrheit in Berlin, also alle anderen Parteien.
Allgemeinplätzen dieses globalen Paktes ist leicht zuzustimmen. Staaten dürfen die Migration in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst regeln. Migration ist weltweit nicht zu verhindern. Von vielen der 192 Unterstützerstaaten ist sie sogar erwünscht. Internationale Kriminalität, Sklavenund Menschenhandel gehören verboten und verfolgt. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz werden verfemt. Kein Wunder, dass die Partei, die Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz wie eine Monstranz vor sich herträgt, aufjault: die AFD.
Feinheiten wie Widersprüche stecken im Detail. Schleuser will man bekämpfen und irreguläre Migration an Grenzen verhindern. Dafür wird sogar das Gefängnis für Migranten als letztes erlaubtes Mittel benannt. Dann will man aber irreguläre Migranten nicht strafrechtlich verfolgen und sie sollen – wie alle anderen geregelten Zuwanderer auch – Zugang zu Grundleistungen haben. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.
Problematisch ist die erkennbare Vermengung der Begriffe Migranten und Flüchtlinge. Soll die Genfer Flüchtlingskonvention, von 147 Staaten gegengezeichnet, durch den neuen Pakt aufgehoben werden? Bleibt diese bestehen, kann es im neuen Pakt der Vereinten Nationen ausschließlich um geplante und reglementierte Zuwanderung gehen. Deshalb braucht der Pakt mehr Klarsicht und weniger Nebel. Und es bräuchte beispielsweise in Deutschland ein Einwanderungsgesetz.