Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Dem gewohnten Zusammenhang entrissen
Kunstverein Jena präsentiert die neue Gruppenausstellung „Dekontext“von sechs zeitgenössischen Künstlern
Kunst über skulpturale Installationen bis hin zur Textil- und Videokunst. Doch so verschieden die Techniken auch sein mögen, so sind die Werke doch eng miteinander verbunden durch das ästhetische Prinzip der Dekontextualisierung. Soll heißen: Bestimmte Dinge werden aus ihrem gewohnten Kontext herausgerissen, künstlerisch bearbeitet und in einen neuen Zusammenhang gestellt. „Dadurch entsteht beim Betrachter ein neuer Blick auf die Dinge“, erklärt Robert Sorg, Vorsitzender des Jenaer Kunstvereins, der gemeinsam mit Michaela Mai vom Kunsthof Jena die neue Ausstellung kuratiert hat. Aus der Überführung der Objekte in die Kunst entstehen poetische, provokante Räume, Ironie flackert auf, grundsätzliche Fragen werden in den Raum gestellt. Die durch die Kunstwerke angeschobene Reflexion beim Betrachter eröffnet spannende Deutungsmöglichkeiten.
Ein Meer aus Geld, sein „Münzmeer“, hat Benedikt Braun aus Weimar im oberen Ausstellungsraum geschaffen. An die 9000 Münzrahmen mit jeweils einem Centstück hat er zu einer spiegelnden Fläche aneinandergereiht. Er hinterfragt damit den Wert des Geldes, den Wert von Kunst. Unzählige Centmünzen, verpackt wie wertvolle Sammlermünzen und als kleines Mosaik auf dem Boden liegend – welchen Wert hat nun dieses künstlerische Schaffen?
Ebenso grundsätzliche Fragen wirft Brauns Installation aus Kühlvitrine und gewöhnlichem Heringsund Fleischsalat auf. Auch hier wird ein Gebrauchsgegenstand aus dem üblichen Kontext, also der Privatsphäre gelöst und in die Kunst erhoben. Indem Braun das Konsumverhalten der Menschen hinterfragt, spricht er ebenso die Konsumhaltung des Kunstmarktes und die Haltbarkeit von Kunst an.
Mit zwei Holz- und einem Linolschnitt ist der Hallenser Grafiker Tobias Gellscheid vertreten. Er zeigt minimalistische Collagen von historischen Holzschnitten. Daneben ist der Wandteppich von Stephan Murer aus Leipzig zu bewundern, hergestellt in einer alten peruanischen Knüpftechnik aus einem 12 Kilometer langen Faden. Zu sehen ist eine menschliche Silhouette – der Künstler hat sich selbst ins Werk gewebt. Mit seinem „Ende vom Lied“beteiligt sich Marcel Walldorf aus Frankfurt/Main an der Ausstellung – den Bremer Stadtmusikanten hat er das Fell abgezogen und übereinander gestapelt.