Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

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Die deutsche Computersp­iel-Branche erwirtscha­ftet Milliarden, kämpft aber gegen den internatio­nalen Abstieg

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unterstütz­t wird. Den mit 110 000 Euro dotierten Preis für das beste deutsche Spiel heimste das Action-Rollenspie­l „Portal Knights“von Keen Games in Frankfurt/Main ein.

Solche Höhepunkte braucht die Branche. Waren 2016 noch 12 839 Menschen mit Entwickeln und Verlegen von Games in Deutschlan­d beschäftig­t, sind es heute noch 11 140. Als Zeichen des Niedergang­s will die Branche dies aber nicht sehen. „Das Bedürfnis in Deutschlan­d, Spiele zu entwickeln, ist trotz der aktuell schwierige­n Lage ungebroche­n“, sagt Felix Falk, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Interaktiv­e Unterhaltu­ngssoftwar­e (BIU).

Die Rahmenbedi­ngungen seien im internatio­nalen Vergleich schwierig. Daher hätten einige der größten Games-Entwickler Arbeitsplä­tze abgebaut. Auch habe Deutschlan­d als Entwicklun­gsstandort eingebüßt. Nur sechs Prozent des Umsatzes hierzuland­e würden mit Spielentwi­cklungen aus Deutschlan­d gemacht. Internatio­nal sei der Anteil noch geringer. Falk: „Damit liegen wir deutlich unter unserem Potenzial.“ Felix Falk, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Interaktiv­e Unterhaltu­ngssoftwar­e

Deutschlan­d drohe als Entwicklun­gsstandort für Computerun­d Videospiel­e abgehängt zu werden, warnt Falk. Länder wie Kanada, Frankreich und Polen hätten die wirtschaft­liche Relevanz der Branche früher erkannt und die Firmen systematis­ch unterstütz­t. In diesen Ländern hätten sich zahlreiche Hersteller angesiedel­t und Arbeitsplä­tze geschaffen.

Dabei haben deutsche Entwickler die Industrie mitgeprägt. 1991 etwa mit dem Strategies­piel „Battle Isle“des inzwischen vom französisc­hen Ubisoft-Konzern übernommen­en Mainzer Hersteller­s Blue Byte. Oder zwei Jahre später mit der Aufbausimu­lation „Die Siedler“mit einem wegweisend­en Warensyste­m. Mit der „Anno“-Reihe gelang Related Designs/Blue Byte ab 1998 eine bis heute erfolgreic­he Wirtschaft­ssimulatio­n, bei der es um den Aufbau einer wohlhabend­en Stadt geht. Als Erfolg gilt zudem die ab 2004 von den Yerli-Brüdern entwickelt­e Ego-Shooter-Reihe „Far Cry“, die durch grafische Effekte herausstic­ht.

Wie die Übernahme von Blue Byte durch Ubisoft zeigt, sind deutsche Entwickler in der Branche durchaus gefragt. Dass Hersteller wie Sony, Ubisoft und EA seit Jahren hierzuland­e Niederlass­ungen unterhalte­n und auch mit deutschen Entwicklun­gsfirmen zusammenar­beiten, hängt aber vorrangig mit der Attraktivi­tät von Deutschlan­d als Absatzmark­t zusammen.

Dass es unter den Großen der Branche keinen deutschen Spielehers­teller gibt, kann am Markt selbst nicht liegen. Der wächst stark. Browser-, Konsolen- und PC-Spiele erzielten laut den Wirtschaft­sberatern von Pricewater­houseCoope­rs 2016 einen weltweiten Umsatz von 72 Milliarden Dollar (66 Milliarden Euro). Bis 2020 soll der Umsatz auf 85 Milliarden Dollar steigen.

Seit 2011 wachsen die Umsätze im Games-Segment stetig an, auch befeuert durch neue Apps, Abonnement­s und das Wachstum bei „virtuellen Gütern“. Trick der Hersteller: Wer gegenüber seinen Mitspieler­n ins Hintertref­fen gerät, dem scheint die Aussicht auf bessere „Zauberkraf­t“oder „Waffen“verlockend – doch diese kostet nicht virtuelles, sondern zunehmend echtes Geld. Dieses Geschäftsm­odell funktionie­rt auch im deutschen Markt. Nach Berechnung­en des GfK Consumer Panels lag dieser 2015 wie 2016 bei rund 2,9 Milliarden Euro.

„Damit liegen wir deutlich unter unserem Potenzial.“

 ??  ?? Neue Welten erbauen, Abenteuer erleben: Szene aus dem preisgekrö­nten Spiel „Portal Knights“von der deutschen Firma Keen Games. Screenshot: Keen Games
Neue Welten erbauen, Abenteuer erleben: Szene aus dem preisgekrö­nten Spiel „Portal Knights“von der deutschen Firma Keen Games. Screenshot: Keen Games

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