Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Laptops an Bord bleiben erlaubt
Washington. Laptops und Tablets sind auf Flügen in die USA weiter gestattet, wenn die Fluggesellschaften schärfere Sicherheitsvorschriften des USMinisteriums für Heimatschutz (DHS) umsetzen. Diese neue Regelung verkündete Heimatschutzminister John Kelly am Mittwoch in Washington. Man erwarte von Fluggesellschaften, die Sicherheitsmaßnahmen für Passagiere und elektronische Geräte deutlich hochzufahren, sagte ein Mitarbeiter des Ministeriums. Aus Sicherheitsgründen werde das DHS, was die Maßnahmen betrifft, nicht ins Detail gehen. (dpa)
Immer wieder ihr Gesicht: die dunklen Augen, die langen braunen Haare, die glatten Anzüge. Beate Zschäpe muss sich seit Mai 2013 im Sitzungssaal A 101 des Münchner Oberlandesgerichts verantworten. Sie ist Hauptbeschuldigte im Verfahren gegen den rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrund“(NSU). Zehn Morde, Brandanschläge, Banküberfälle – und nur ihr Gesicht im Gerichtssaal. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich 2011 mutmaßlich selbst erschossen, als die Polizei sie nach einem Überfall auf eine Bank durch Zufall entdeckt hatte. Seitdem ist vom „TerrorTrio“die Rede, von einer Zelle. Der Generalbundesanwalt verteidigt vehement die These einer Gruppe, die ihre rassistischen Verbrechen im Untergrund konspirativ plante. Doch die Zweifel daran sind groß.
Die Abgeordneten des Bundestags legen heute ihren Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Mordserie vor, über 1000 Seiten. Widersprüche, Vertuschungen und Pannen bei Verfassungsschutzämtern und Polizei sind minutiös aufgelistet. Die Politiker befragten mehr als 80 Zeugen aus den Bundesbehörden, analysierten rund 13 000 Ermittlerakten – und sie sind sich einig, von CDU bis Linkspartei: Der NSU hatte ein Netzwerk an Unterstützern und Vertrauten. Dieser Schluss wirft eine beklemmende Frage auf: Laufen Mittäter des NSU noch auf freiem Fuß in Deutschland herum? Bei der Generalbundesanwaltschaft laufen neben dem NSUProzess gegen Zschäpe neun weitere Verfahren. Thomas S. zählt zu den Beschuldigten, er soll dem Trio Ende der 90er-Jahre geholfen haben, Sprengsätze für Rohrbomben zu besorgen. Der Name Mandy S. taucht in der Akte auf. Sie half den 1998 untergetauchten Rechtsterroristen mutmaßlich dabei, eine Wohnung zu finden und an Ausweispapiere zu gelangen.
Auch Pierre J. ist unter den Beschuldigten. Ihm wird vorgeworfen, den NSU durch das Besorgen von Schusswaffen, darunter einer Vorderlaufrepetierflinte, unterstützt zu haben, heißt es in dem Abschlussbericht des NSU-Ausschusses. Weitere Namen folgen, weitere mutmaßliche Hilfsaktionen für die abgetauchten Rechtsextremisten Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt. Doch ein Prozess gegen diese mutmaßlichen Helfer wurde auch sechs Jahre nach Bekanntwerden der Mordserie nicht eröffnet. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft ist die Beweislage zu dünn. Sie stellten die Ermittlungen hintan. Die Grünen um Innenexpertin Irene Mihalic kritisieren dieses Vorgehen in ihrem eigenen Votum zum Abschlussbericht: „Ermittlungsansätze, die die These von einem alleine handelnden Trio ins Wanken bringen würden, sollten vom Hauptverfahren abgetrennt werden“, um den Prozess gegen Zschäpe und die anderen Angeklagten nicht zu gefährden. Doch entgehen der Justiz Neonazis, die bei den Morden mithalfen?
Sogar ranghohe Kriminalbeamte sagten im Untersuchungsausschuss aus, dass sie nach Auffliegen des NSU 2011 unter Druck standen: Das Verfahren gegen Zschäpe sollte möglichst schnell beginnen, die Justiz wollte sich nach dem Staatsversagen bei den Ermittlungen nun nicht auch noch vorhalten lassen, die Behörden würde nur schleppend den Prozess vorbereiten. Ohnehin ist der Prozess in München schon jetzt ein MammutVerfahren. Und doch sagt ein Kripo-Beamter im Bundestag aus: Er hätte sich mehr Zeit für Ermittlungen vor Prozessbeginn gewünscht. Möglicherweise wäre der Kreis der mutmaßlichen Terror-Helfer, die nun neben Zschäpe in München angeklagt sind, noch angewachsen.
Für den CDU-Politiker und Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses Clemens Binninger sind zu viele Widersprüche offen: Kein einziger Tatortzeuge habe Mundlos und Böhnhardt zweifelsfrei gesehen. Kein Phantombild der Polizei passe so richtig auf die beiden Männer. An keinem der Tatorte fanden Polizisten DNA-Spuren des „Trios“. Dagegen listet der Abschlussbericht detailliert die Vernetzung der rechtsextremen Szene in Deutschland auf – von Thüringen über Bayern bis nach Nordrhein-Westfalen. Eine Szene, die vor allem in Thüringen, der Heimat des NSU, durchsetzt war mit V-Leuten des Verfassungsschutzes. Ohne dass sie die Polizei auf die Spur des NSU führten.
Während die CDU Reformanstrengungen des Verfassungsschutzes bei der Aufarbeitung der Fehler anerkennt, sind SPD, Grüne und Linke kritisch. Ein „tief greifender Mentalitätswandel“sei bei Polizei und Verfassungsschutz nicht zu erkennen, sagt Susann Rüthrich (SPD) der „Zeit“. Berlin. Wie sie vor dreieinhalb Jahren im Untersuchungsausschuss angefangen hatten, so gehen sie auch auseinander: im Streit. Für die Übergabe des 1822-seitigen Abschlussberichtes des NSA-Skandals ließen sich die Linke Martina Renner und der Grüne Konstantin von Notz am Mittwoch etwas einfallen. Nachdem der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg (CDU) den gemeinsamen Bericht aller Parteien an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) abgegeben hatte, traten Renner und Notz hervor und überreichten ihm ihr Sondervotum. Sensburg war ahnungslos.
Bei der Untersuchung der massiven Datenspionage des US-Geheimdienstes NSA und des Bundesnachrichtendienstes (BND) hatte das Kanzleramt viele Akten großteils geschwärzt oder als geheim eingestuft: „Das, finde ich, ist kein angemessener Zustand“, tadelte Lammert.
Für die Opposition ist bewiesen, dass in Deutschland eine anlasslose Massenüberwachung stattgefunden hat. Das bestreiten wiederum SPD und Union. Auch von einem Ringtausch zwischen den Diensten wollen die Vertreter von SPD und Union nichts wissen. Mit „Ringtausch“ist gemeint, dass die NSA beim BND in Auftrag gab, was sie selbst nicht konnte und durfte – und umgekehrt. Begonnen hatte alles mit den Enthüllungen des ehemaligen NSAMitarbeiters Edward Snowden 2013, unter anderem mit dem Abhören von Kanzlerin Angela Merkel. Da die Amerikaner die Auskunft verweigerten, nahm der Ausschuss den deutschen Geheimdienst BND ins Visier.
Dabei zeigte sich, dass der BND zumindest in einer rechtlichen Grauzone operiert hatte und mittels sogenannter Selektoren – Suchbegriffe, E-MailAdressen, Telefonnummern oder IP-Adressen – die Kommunikation stärker überwachte, als er durfte. Eine Konsequenz aus der NSA-Affäre ist, dass nun jede Abhöraktion von der BNDFührung und vom Kanzleramt angewiesen werden muss.
Kriminalbeamte hätten sich mehr Zeit gewünscht