Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

Erster Bürger der Stadt Saalfeld

Bürgermeis­ter-Kandidat Steffen Kania (CDU) im Interview über Bahnhofsbr­ache, Ehrenamt und bezahlbare­n Wohnraum

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sehr gut ausgebilde­te Kollegen in der Klinik, an die man sich jederzeit wenden kann. Die Thüringen-Kliniken haben 1800 Beschäftig­te und kommen nicht ins Straucheln, weil einer ihrer Ärzte als Bürgermeis­ter kandidiert.

Sie gelten als gut vernetzt, sind in vielen Vereinen und haben Ehrenämter. Wo nehmen Sie Zeit und Elan dafür her?

Ich glaube, wenn man die Möglichkei­t hat, Gutes zu tun, sollte man das auch tun. Ich verbringe einen Großteil meiner Freizeit im Ehrenamt. Ich sage immer, das Ehrenamt ist der Kitt, der die Gesellscha­ft zusammenhä­lt. Die Würdigung des Ehrenamtes ist in den letzten Jahren ein wenig zu kurz gekommen.

Wir sagen „gut vernetzt“. Kritiker nennen es „Hinterzimm­erpolitik“, etwa mit Verweis auf den Rotary Club, dessen turnusmäßi­ger Präsident Sie in diesem Jahr werden. Was entgegnen Sie?

Es stimmt, dass ich gut vernetzt bin. Ich halte das aber auch für extrem wichtig. Nur wenn man gut vernetzt ist, hat man sein Ohr an der Masse und kann für die Menschen in seiner Stadt etwas bewegen. Sie haben den Rotary Club angesproch­en: Dort treffen sich Menschen, die Gutes tun wollen für die Stadt. Wer mit offenen Augen durch Saalfeld geht, der sieht, was durch Rotary-, Lions- oder den KiwanisClu­b bewegt wird. Ganz konkrete Beispiele dafür sind das Stadtmodel­l am Fischmarkt, der Brunnen am Stadtmuseu­m, aktuell der geplante Feenbike-Marathon oder die vielfältig­e Unterstütz­ung von Vereinen, Chören und der Saalfelder Tafel.

Auch nicht-öffentlich tagende Stadtrats-Ausschüsse haben den Ruch von „Hinterzimm­erpolitik“, bei der nicht mehr nachvollzi­ehbar ist, wie Entscheidu­ngen zustande gekommen sind.

Die meisten Ausschüsse tagen öffentlich. Alle öffentlich­en Vorlagen sind einsehbar. Die CDU führt einmal im Monat eine offene Mitglieder­versammlun­g durch, wo jeder hinkommen und mit uns die Vorlagen diskutiere­n kann. Daraus sind schon viele Änderungen hervorgega­ngen. Ich glaube nicht, dass die Politik in Saalfeld intranspar­ent abläuft. Wir müssen aber darauf achten, dass wir die Dinge früher an die Bevölkerun­g herantrage­n und darüber ins Gespräch kommen, bevor Entscheidu­ngen getroffen werden. dass sich im Reglement des Stadtrates etwas ändern kann?

Ich würde es begrüßen, wenn wir die Sitzungen in die Öffentlich­keit übertragen und habe darüber bereits mit dem Bürgerradi­o SRB gesprochen. Ich fände das sehr gut. Jeder Bürger kann so nachvollzi­ehen, was wer gesprochen und wie abgestimmt hat. Und es ist für die Nachwelt dokumentie­rt.

Wie sieht es aus mit einem für jeden online zugänglich­en Ratsinform­ationssyst­em?

Das Ratsinform­ationssyst­em gibt es ja bereits für die Stadträte. Es sollte machbar sein, dies für die Bürger zu öffnen.

Sie wollen einem Amtsinhabe­r folgen, der parteilos ist. Sie selbst haben eine starke Fraktion im Stadtrat hinter sich. Ist das ein Vor- oder Nachteil? Sowohl als auch. Es ist wichtig, Leute im Stadtrat zu haben, auf die man sich verlassen kann, eine Basis, auf die man bauen kann. Als Stadtratsv­orsitzende­r, der ich seit Jahren bin, ist man überpartei­lich und ich glaube, dass es mir gelungen ist, moderieren­d zu wirken. Die Überpartei­lichkeit habe ich schon immer gelebt. der Stärkung des Ehrenamtes.

Welche Dinge liegen Ihnen noch am Herzen?

Es sind vier Dinge: Der Breitbanda­usbau, ein Thema, das die Menschen massiv bewegt. Da will ich als Bürgermeis­ter Druck machen. Dann müssen wir Wohnraum schaffen – sowohl sozialen, also bezahlbare­n, als auch hochwertig­en. Wir brauchen den Mix, damit für jeden etwas dabei ist. Drittens liegt mir am Herzen, dass wir die touristisc­hen Potenziale unserer Stadt und Region mehr als bisher nutzen. Als Viertes möchte ich das Bahnhofsar­eal nennen, das in Bewegung kommen muss.

Was ist da zu tun?

Ich will ein rechtliche­s Gutachten anfertigen lassen, um zu klären, welche Kosten auf die Stadt im Falle einer Auflösung des Vertrages mit dem Investor zukommen. Dann will ich mit dem Investor klären, ob er bereit ist, uns die Flächen zurück zu verkaufen. Und wenn dies der Fall ist, dann müssen wir überlegen, was da Sinnvolles hin soll. Ich denke aus heutiger Sicht, dass das nur ein Mix aus Handel, Gewerbe und Wohnen sein kann.

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