Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
SPD soll Kaufmann mittragen
Verfassungsgericht: Wahl nächste Woche
Erfurt. Der seit Monaten andauernde Streit um die Besetzung des Verfassungsgerichtspräsidenten scheint beigelegt. Nachdem am Mittwoch bereits die Linke-Landtagsfraktion mitgeteilt hatte, den von der CDU vorgeschlagenen Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG), Stefan Kaufmann, mittragen zu wollen, kommen von der SPD ähnliche Signale.
SPD-Fraktionschef Matthias Hey habe angekündigt, die Abgeordneten heute in einer außerplanmäßigen Sitzung um die Unterstützung für Kaufmann zu bitten, teilte eine Sprecherin mit. Die Grünen-Fraktion will nach eigenen Angaben am Mittwoch darüber entscheiden. Der OLGPräsident war bis vor wenigen Monaten CDU-Mitglied.
CDU-Fraktionschef Mike Mohring sagte dieser Zeitung: „Ich freue mich, dass der Landtag seiner Verantwortung gerecht werden kann und wir mit der Koalition eine Verständigung zur Wahl des Präsidenten des Thüringer Verfassungsgerichtshofes erzielen konnten.“Dazu zähle auch die Zusage der CDU, an die Sozialdemokraten das Vorschlagsrecht für die Wahl eines weiteren Richters im kommenden Jahr abzutreten.
AfD-Fraktionschef Björn Höcke kritisierte, durch die Einigung werde ein „Verfassungsorgan zum Spielball, um politische Vorhaben“gemacht. Er warnte die CDU vor einem Kuhhandel.
Die Wahl Kaufmanns, für die die rot-rot-grüne Koalition eine Zweitdrittelmehrheit im Landtag braucht, ist für nächste Woche vorgesehen. (elo/md) Erfurt. Vor einem Monat etwa luden die Koalitionsfraktionen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter zu einem informellen Gespräch in den Thüringer Landtag. Grund der Zusammenkunft: Die Bündnispartner wollten erkunden, wie ihre Pläne für einen zusätzlichen Feiertag im Freistaat ankommen. Über das Treffen wurde zunächst nichts weiter publik. Doch nun kommt langsam Bewegung in die Angelegenheit.
„Ein zusätzlicher Feiertag ist nicht notwendig“, teilte die Handwerkskammer Erfurt mit. Arbeitnehmer in Deutschland hätten abzüglich ihres Jahresurlaubs und der bundesweiten sowie landeseigenen Feiertage eine der geringsten Jahresarbeitszeiten in Europa. „Es besteht aus unserer Sicht deshalb kein erhöhter Bedarf in Thüringen, die Anzahl der Feiertage auszuweiten“, heißt es.
Es sei zudem davon auszugehen, dass sich für die Unternehmen Einbußen bei Ertrag und Wirtschaftlichkeit ergeben, die im Laufe des Jahres nicht ohne Weiteres aufgeholt werden könnten. „Hinsichtlich der angespannten Fachkräftelage in vielen Gewerken gehen wir davon aus, dass das angestrebte Ziel einer Entlastung der Arbeitnehmer durch einen zusätzlichen Feiertag leider nicht gegeben ist. Es ist zu befürchten, dass sich die Arbeitsbelastung in Form von Überstunden auf die anderen Tage verteilt“, warnt die Handwerkskammer.
Industrie- und Handelskammer und Verband der Wirtschaft Thüringen (VWT) sehen den Vorstoß der Koalitionäre gleichfalls kritisch. Wissenschaftlern zufolge könne die Wirtschaftsleistung in Folge eines zusätzlichen Feiertags um 0,12 Prozent sinken. Das entspreche 72 Millionen Euro in Thüringen, sagt VWT-Chef Stephan Fauth. Auch im von Heike Taubert (SPD) geführten Finanzministerium wird mit weiteren – wenn auch geringeren – Belastungen gerechnet. „Überschlagsmäßig wird in Konjunkturprognosen für einen Feiertag mit dem Wegbrechen der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent gerechnet. Für Thüringen wäre dies ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um zirka 62 Millionen Euro“, teilte ein Sprecher mit.
Betrachte man die Entwicklung der Steuereinnahmen der vergangenen Jahre im Vergleich zur Entwicklung der Wirtschaftsleistung, käme es rein rechnerisch zu Steuermindereinnahmen von rund 7,5 Millionen Euro pro Jahr im Landeshaushalt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) steht indes klar an der Seite der Beschäftigten. „Wir sind für einen zusätzlichen Feiertag“, sagt Sandro Witt, DGB-Vize für Hessen und Thüringen, und verweist auf einen entsprechenden Beschluss des Bezirksvorstands. Ihm geht es neben der Wertschätzung der Arbeitnehmer und einem Signal für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf um die Angleichung der Zahl der Feiertage an andere Bundesländer (siehe Tabelle).
Im Wirtschaftsministerium spricht man diesbezüglich ebenfalls von einem „Akt der Gleichstellung“.
Der Freistaat Thüringen liegt mit neun beziehungsweise zehn Feiertagen (Fronleichnam im Eichsfeld) etwa im Mittelfeld aller Bundesländer. Die Landtagsfraktionen von Linken, SPD und Grünen planen, ab nächstem Jahr den 20. September als Weltkindertag zu einem gesetzlichen Feiertag zu machen. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft seien vertretbar, wird im Entwurf eines entsprechenden Gesetzes argumentiert.