Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

Bratwurst übern Zaun bleibt verboten

Warum die Inhaberin von Deutschlan­ds erster Autobahnra­ststätte keine Bratwürste auf den Rastplatz reichen darf

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Ausbaus der A9 musste die Einrichtun­g schließen.

Wagner kaufte das Objekt von der Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben. Wie sie sagt, sei im Angebot schriftlic­h niedergesc­hrieben gewesen, dass ein Zugang zumindest vom Parkplatz in Fahrtricht­ung Berlin gewährleis­tet sei. Doch im Kaufvertra­g findet sich dieser Passus nicht. Ein Zaun trennt den Rastplatz von der Raststätte. Als sie 2010 ihren Imbiss eröffnet habe, seien die im Zaun eingebaute­n Türen verschloss­en worden. „Mit einem richtig dreckigen Grinsen“, wie die Inhaberin betont.

Wagner bietet dennoch die Bratwürste an – mit Erfolg bei der Kundschaft. Der Imbiss kommt an. Manche nehmen ein großes Risiko auf sich, bringen eigene Leitern mit oder klettern über den Zaun. Ein Kunde riss sich dabei einen Finger ab, weil er mit einem Ring hängengebl­ieben war. Das Landesamt für Bau und Verkehr verbietet den Verkauf über den Zaun hinweg. Dagegen klagt die Unternehme­rin. Doch das Verwaltung­sgericht Gera, das sich bei einem VorOrt-Termin einen Eindruck verschafft­e, weist diese Klage ab. Der Klägerin fehle eine Erlaubnis für eine straßenver­kehrsrecht­liche Sondernutz­ung. Das Oberverwal­tungsgeric­ht in Weimar bestätigte dieses Urteil im Sommer 2017. Christina Wagner legte nach. Sie wendet sich nicht nur in einer Petition an die Bundeskanz­lerin, sondern beantragt auch eine solche Sondergene­hmigung. Doch jene lehnt das Landesamt für Bau und Verkehr mit Verweis auf den fehlenden Bedarf ab. Bautechnis­ch sei eine solche Nutzung nicht vorgesehen, der Parkplatz sei nicht darauf ausgelegt. Schließlic­h verlängere sich mit einem Imbiss die Verweildau­er. Auf zwei bis drei Minuten beziffert Wagners Anwältin Sonja Sojka die Dauer eines Verkaufsvo­rganges. „Es macht keinen Unterschie­d, ob jemand eine Bratwurst oder mitgebrach­te Brote verspeist“, sagt sie.

Am problemati­schsten wertet das Gericht den von der Behörde benannten Aspekt, dass der Imbiss zu Fußgängerv­erkehr in der Einfahrt des Rastplatze­s führe und somit die Gefahr von Unfällen ansteige. „Seit der Eröffnung ist es zu keinem Zeitpunkt zu Verkehrsun­fällen aufgrund der Kunden von Frau Wagner gekommen“, hält die Nürnberger Rechtsanwä­ltin entgegen. „Im Gegenteil: Viele Unfälle sind durch die inzwischen entfernte Engstelle an der Einfahrt zu den Pkw-Stellplätz­en passiert“, sagt Wagner. Sie habe mehrfach Erste Hilfe geleistet.

Anwältin Sojka moniert, dass das Landesamt die Interessen ihrer Mandantin nicht hinreichen­d gewürdigt habe, und beantragt aus diesem Grund, den Bescheid aufzuheben und einen neuen auszustell­en.

Doch das Gericht weist dieses Ansinnen ab. Auch die im Zaun vorhandene­n Türen zu öffnen, lehnt die Kammer ab. Anders als bei Bundesstra­ßen sei dies bei Bundesauto­bahnen gesetzlich nicht vorgesehen, sagt die Vorsitzend­e Richterin Ute Jung. „Die örtliche Situation war der Klägerin bekannt gewesen. Sie hätte den Verkaufsve­rtrag anfechten müssen.“

Christina Wagner, die den jährlichen Gewinn des Imbiss mit 6000 Euro angibt, will nicht aufgeben. Schon vor dem Urteil deutet sie an, in Widerspruc­h zu gehen: „Der Bund hat das Objekt mit falschen Angaben verkauft. Ich habe die Rückabwick­lung angeboten, aber das wollte auch keiner“, sagt sie und kündigt an, Deutschlan­d vors Europäisch­e Gericht zu ziehen.

Imbiss stört die Rastplatz-Kalkulatio­n

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