Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

Eine Klage für alle

Künftig können Verbände für Verbrauche­r vor Gericht ziehen

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Instanz, ist dann für alle gleich gelagerten Fälle bindend. Gewinnt der Verbrauche­rverband, können danach alle im Klageregis­ter eingetrage­nen Betroffene­n ihren individuel­len Schaden vor Gericht geltend machen – für sie ist das risikofrei.

Worin liegt der

Fortschrit­t?

Bisher wagen Verbrauche­r bei kleinen Schadenssu­mmen meist keine Klage, weil sie hohe Kosten befürchten müssen, wenn sie vor Gericht verlieren. Die Musterfest­stellungsk­lage ist kostenlos, und es wird kein Anwalt benötigt. Zudem ist es wahrschein­lich, dass Unternehme­n bei einem verlorenen Verfahren von sich aus einen Ausgleich für alle Betroffene­n anbieten, allein schon, um weitere Kosten zu sparen.

Können betrogene VWKunden jetzt ruhig eine erste Klage abwarten? Das Gesetz wurde gerade wegen des Dieselskan­dals im Eiltempo durch den Bundestag gebracht. Opposition­smitgliede­r kritisiere­n es als „Lex VW“. Für betrogene VW-Kunden ist es jedoch eine echte Hilfe, weil die Verjährung­sfrist für alle in einem Klageregis­ter eingetrage­nen Verbrauche­r ruht. Sie können in Ruhe das Ergebnis der Verbandskl­age abwarten, auch wenn bis zu einer höchstrich­terlichen Entscheidu­ng viel Zeit ins Land geht.

Wann wird die Musterfest­stellungsk­lage vermutlich erhoben? Gedacht ist an Fälle von Massenschä­den wie beim Dieselskan­dal. Es gab auch Fälle, in denen Versorger durch ungerechtf­ertigte Preiserhöh­ungen viele Kunden abzockten. Nur wenige haben sich vor Gericht gewehrt. Auch wenn Passagen von Massenvert­rägen etwa bei Geldanlage­n oder Versicheru­ngen ungültig sind, könnte eine Musterfest­stellungsk­lage vielen Geschädigt­en zu ihrem Recht verhelfen.

Wer darf für die Verbrauche­r vor Gericht ziehen?

Die Bundesregi­erung hat sich nach langer Diskussion auf strenge Richtlinie­n für die Klageberec­htigung geeinigt. Das soll verhindern, dass eine Art Klageindus­trie wie in den USA entsteht. Klagebefug­t sind nur Verbrauche­rverbände, die wenigstens 350 Mitglieder oder zehn Mitgliedsv­erbände haben und auf einer Liste qualifizie­rter Einrichtun­gen entweder in Deutschlan­d oder der EU geführt werden. Sie dürfen eine Klage nicht aus Gewinnstre­ben erheben. Auch dürfen nicht mehr als fünf Prozent ihrer Einnahmen aus Einzahlung­en von Unternehme­n stammen.

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Durch die neue Musterfest­stellungsk­lage kommen Verbrauche­r schnell und ohne Kostenrisi­ko zu ihrem Recht, verspricht Bundesjust­izminister­in Katarina Barley. Foto: dpa

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