Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Brillante Werbung für fünf Sparten
Theater und Philharmonie Thüringen bieten mit Spielzeiteröffnungsgala in Gera einen verlockenden Vorgeschmack auf die Saison
Gera. „Jedermann“, „Die KänguruChroniken“, „Der eingebildete Kranke“, „Die Entführung aus dem Serail“, „Cabaret“, „Meisterdetektiv Kalle Blomquist“, „Hoffmanns Erzählungen“, „Der Vogelhändler“, „Forever Lennon“... Während das Philharmonische Orchester die Ouvertüre zur „Verkauften Braut“spielt, scheinen auf der Bühnenrückwand nacheinander die Titel der Stücke auf, die in der neuen Saison in Altenburg und Gera Premiere haben.
Allein die Aufzählung beeindruckt. Doch was die Akteure von Theater und Philharmonie Thüringen in den folgenden zweieinhalb Stunden ihrer Spielzeiteröffnungsgala zeigen, ist eine überwältigende Werbung für Thüringens einziges Fünf-Sparten-Haus. Großartige Stimmen wie Anne Preuss und Miriam Zubieta wechseln mit brillanten Schauspieleinlagen, faszinierendem Maskenspiel und bilderreichen Ballettkostproben.
Intendant Kay Kuntze als Bandleader
Mit launigen Sketchen führen Generalintendant Kay Kuntze und Schauspieldirektor Manuel Kressin durchs Programm. Kressin – ganz Schauspielchef – gibt sich einem Kostümrausch hin, erscheint in Brautkleid, als falscher Eunuch oder italienischer Gondoliere. Und Theaterleiter Kuntze entpuppt sich im Finale als mitreißender Bandleader. Am Klavier begleitet er Vertreter aus Ballett, Musiktheater und Schauspiel, die den Refrain von Bodo Wartkes „Liebeslied“in ihrer jeweiligen Muttersprache singen. Auf Spanisch, Russisch, Japanisch, Isländisch und selbst auf Sächsisch wird da der Liebe gehuldigt. Ergreifender kann man Kuntzes Botschaft „Wir stehen für ein weltoffenes Theater“kaum vermitteln, und fulminanter kann man auch kaum eine Revue enden lassen.
Derlei Höhepunkte boten sich am Freitagabend im Theater Gera viele. Schauspieler Manuel Struffolino etwa mimt den Conférencier beim „Cabaret“-Hit „Money“wunderbar exaltiert, ja geradezu filmreif. Miriam Zubieta verzaubert als mechanische Aufziehpuppe Olympia aus „Hoffmanns Erzählungen“. Ihrem Augenklimpern kann sich denn auch Intendant Kuntze nicht entziehen, er klemmt sich die zarte Zubieta kurzerhand unter den Arm und verschwindet hinter der Bühne.
Das Puppentheater bietet schon mal einen verlockenden Vorgeschmack aufs Stück „Der Misanthrop oder Der verliebte Melancholiker“. Dabei agieren die Puppenspieler mit Halbmasken, die ihre Gesichter magisch zu verzerren scheinen. Ein verblüffender Effekt, den man noch genauer studieren möchte.
So wächst vor dem geistigen Auge die Liste der Stücke, die man in der neuen Spielzeit auf keinen Fall verpassen darf. Das Open-Air-Stück „Der eingebildete Kranke“ist am Ende des Abends darauf ebenso zu finden wie die Oper „Der Kaiser von Atlantis“, die in Zusammenarbeit mit dem Figurentheater entstehen soll, oder der Tanzabend „Forever Lennon“von Silvana Schröder.
Dass einige Inszenierungen wie das Puppenstück „Jedermann“oder die Mozart-Oper „Die Entführung aus dem Serail“einem schon bekannt vorkommen, liegt an der Doppelgleisigkeit, die das Theater durch seine zwei Standorte fahren muss. Denn einzelne Stücke, die das Geraer Publikum aus der vorigen Spielzeit schon kennt, wechseln nun nach Altenburg und umgekehrt.
Für große musikalische Momente sorgten obendrein die Stimmen des Opernchors und natürlich die Musiker des Orchesters Altenburg-Gera. Besser hätte eine Saison nicht beginnen können.