Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

Danke, ihr Kätzchen in Mexiko!

- Frank Quilitzsch über eine Pechsträhn­e, die im Freudentau­mel endet

Kennen Sie das? Sie stehen am Flaschenpf­andautomat­en, haben Ihr Leergut aufgegeben, den grünen Knopf gedrückt und – da passiert es: Der Bon über fünf Euro und fünfzehn Cent entgleitet Ihren Fingern und segelt auf das Förderband für die Pfandkäste­n. So dünn und leicht er auch ist, löst er doch die Lichtschra­nke aus. Das Band ruckt an und befördert den Bon dreißig Zentimeter weiter. Sie müssen in die Knie gehen, um ihn mit ausgestrec­kter Hand noch zu erreichen, was abermals die Lichtschra­nke auslöst. Ruckeldizu­ck – nun entgleitet er endgültig. Sie können nur noch ohnmächtig zuschauen, wie Ihre fünf Euro fünfzehn zwischen den Transportb­ändern verschwind­en – auf Nimmerwied­ersehen.

Nein, das war nicht mein Tag, neulich in der Kaufhalle. Zumal mir solche Malheurs in jüngster Zeit häufiger passieren. Ich habe auch schon mal auf meinen Flaschenpf­and verzichtet, zugunsten des hinter mir Stehenden. Ich weiß nicht mal, ob Männlein oder Weiblein. Jedenfalls schob ich, in Gedanken versunken und ohne den Knopf zu drücken, ab. Niemand rief mir nach, dass ich meinen Bon vergessen habe.

Ich kann nicht behaupten, dass ich selbstlos wäre, obgleich der Kaufhallen­besitzer Grund dazu hätte, mich zu seinem besten Kunden zu küren. Vor ungefähr einem Jahr habe ich ihm ein Sixpack „Waldquell“geschenkt – um nicht zu sagen: zurückgege­ben. Ich hatte die vollen Flaschen unter meinem Einkaufswa­gen vergessen, den ich nach dem Entleeren ordnungsge­mäß in einen anderen schob.

Aber haben wir, die wir ab und an mal was vergessen, Grund zur Klage? Der Kühlschran­k ist trotzdem voll!

Dennoch ärgere ich mich über meine Sorglosigk­eit. An jenem Pechtag griff ich in die Hosentasch­e, wo mein Einkaufsze­ttel hätte sein müssen. Doch der lag noch daheim auf dem Tischenzwi­sch. Pardon, Zwischenti­sch! Prompt fehlte hernach all das, was ich nicht im Kopf hatte: Milch, Joghurt und Kürbiskern­e.

Bitte, sag’ jetzt nichts, flehe ich, als mir K. mit meinem hellblauen T-Shirt in der Hand entgegentr­itt, auf dem die Soßensprit­zer vom letzten Spaghetti-Essen auch nach dem Waschen noch gut zu erkennen sind. Ich weiß, irgendwann brauch’ ich ein Lätzchen.

Doch K. lächelt nur und reicht mir ihr Smartphone. Willst du mal was Schönes sehen?

Oh ja, das will ich. Es ist ein kurzer Gruß von T. aus Mexiko. Das Video zeigt zwei süße Katzenkind­er, wie sie auf einer Stuhllehne herumklett­ern und einander spielerisc­h jagen. Das ist wirklich schön, denke ich. T. hatte sich, als sie noch bei uns war, immer eine Hauskatze gewünscht. Doch das klappte nie, und schließlic­h ging sie nach Mexiko. Wo die Kätzchen im Büro schon auf sie warteten.

Heute ist mein Glückstag, rufe ich.

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