Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Links unten, rechts oben
Ulli Kaden gelingt ein Einstand nach Maß als neuer Trainer von Schwergewichtshoffnung Tom Schwarz
Magdeburg. Was überraschte, war die Einlaufmusik: „Für immer jung“, gesungen von Karel Gott. Stallgefährte und Co-Kommentator Dominic Bösel meinte nur: „Tom hatte schon immer einen eigenen Musikgeschmack.“Der Halbschwergewichtler, der nach seiner ersten Niederlage und langer Verletzungspause zurück in den Ring will, vertrat Markus Beyer am Mikrofon. Der frühere ProfiWeltmeister, der bei der SG Wismut Gera das Boxen lernte, musste sich einer BandscheibenOperation unterziehen und grüßte vom Krankenbett. Doch warum Karel Gott? „Ich hab‘ den Titel ausgewählt, weil meine Schwiegermutter Karel Gott so mag“, sagt Tom Schwarz. „Ich wollte erst das Stück mit Bushido nehmen, habe mich dann doch für das Original entschieden. Ich denke, es hat meiner Schwiegermutter gefallen.“Tom Schwarz, 24 Jahre, 1,97 m groß, 108 kg schwer, in Halle an der Saale geboren, seit 2013 Profi und in 22 Kämpfen unbezwungen – ein smarter Typ, der die Show liebt. Das ganze Gegenteil: sein neuer Trainer Ulli Kaden. Der 59-jährige Geraer übernahm die Schwergewichtshoffnung aus dem Magdeburger SES-Boxteam von Dirk Dzemski. Noch bilden Kaden und Schwarz nur eine Zweckgemeinschaft, mit dem Ziel, im Ring zu bestehen, Titel zu holen. Nach dem technischen Knockout in der zweiten Runde gegen den bis dato ungeschlagenen Mexikaner Julian Fernandez, gab es schon mal den ersten Annäherungsversuch – ein Küsschen für den Trainer. „Wir werden in den nächsten Tagen alles in Ruhe besprechen.“
Ruhe. Das ist das Stichwort. Mit ruhiger Hand, wenigen Gesten und knappen Ansprachen führt Ulli Kaden seinen Schützling. „Nicht zu viel wollen, in Bewegung bleiben, du machst das gut“, gab er seinem Boxer in der einen Pause mit auf den Weg zurück in den Ring. Der Geraer sieht seine Aufgabe darin, den WBO-Interconti-Titelträger natürlich boxerisch zu verbessern, aber vor allem auch zu erden, Ruhe rein zubringen, um die anstehenden Aufgaben anzugehen. Tom Schwarz ist zwar ungeschlagen, doch die großen Schwergewichtler hat er noch nicht geboxt. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber wir können es schaffen“, sagt Ulli Kaden, als Amateurboxer zweimal Europameister und Weltcupsieger. Im Ring hatte sein Schützling leichtes Spiel. Der Herausforderer kämpfte das erste Mal nicht in seiner Heimatstadt Tijuana.
Seinen Kampfnamen Pit Bull junior hatte er von seinem Vater übernommen, der auch in der Ringecke stand und einmal Kickbox-Weltmeister war. „Wir werden sehen, ob er ein Pit Bull oder doch ein Chihuahua ist“, hatte Tom Schwarz gewitzelt. Und dann war Fernandez doch ein gefundenes Fressen für den Titelverteidiger. Was der Mexikaner aber geritten hat, die Fäuste sträflich unten zu lassen, fast völlig auf die Deckungsarbeit zu verzichten, war nicht zu erfahren. Vater und Sohn blieben der Pressekonferenz fern. „Dafür habe ich vollstes Verständnis“, sagte Tom Schwarz, „wenn ich so verloren hätte, hätte ich mich auch verkrochen“. Bereits Ende der ersten Runde hatte Schwarz seinen Herausforderer mehrmals hart am Kopf getroffen. Nur mit Mühe rettete sich Fernandez in die Pause. Links unten, rechts oben – diese Schlagkombination hatte Tom Schwarz im Vorfeld des Kampfes immer wieder trainiert. „Auf dem Video war zu sehen, dass der Mexikaner Schwächen in der Verteidigung hat“, sagte Ulli Kaden. In der zweiten Runde das frühe Ende nach einer erneuten LinksRechts-Kombination und einem rechten Schwinger. Ringrichter Giustino di Giovanni aus Italien zählte Fernandez gar nicht erst an, sondern nahm ihn aus dem Kampf und in die Arme, als er wieder auf den Beinen war. „Ich bin ein Verfechter einer starken Führhand“, sagte Ulli Kaden. „Tom sollte mit seiner Führhand den Gegner unter Druck setzen. Dieses Konzept hat er sehr gut umgesetzt.“Und wie geht es weiter: „Das werden wir sehen.“
Schwarz: Pit Bull oder doch nur ein Chihuahua