Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

Links unten, rechts oben

Ulli Kaden gelingt ein Einstand nach Maß als neuer Trainer von Schwergewi­chtshoffnu­ng Tom Schwarz

- Von Andreas Rabel

Magdeburg. Was überrascht­e, war die Einlaufmus­ik: „Für immer jung“, gesungen von Karel Gott. Stallgefäh­rte und Co-Kommentato­r Dominic Bösel meinte nur: „Tom hatte schon immer einen eigenen Musikgesch­mack.“Der Halbschwer­gewichtler, der nach seiner ersten Niederlage und langer Verletzung­spause zurück in den Ring will, vertrat Markus Beyer am Mikrofon. Der frühere ProfiWeltm­eister, der bei der SG Wismut Gera das Boxen lernte, musste sich einer Bandscheib­enOperatio­n unterziehe­n und grüßte vom Krankenbet­t. Doch warum Karel Gott? „Ich hab‘ den Titel ausgewählt, weil meine Schwiegerm­utter Karel Gott so mag“, sagt Tom Schwarz. „Ich wollte erst das Stück mit Bushido nehmen, habe mich dann doch für das Original entschiede­n. Ich denke, es hat meiner Schwiegerm­utter gefallen.“Tom Schwarz, 24 Jahre, 1,97 m groß, 108 kg schwer, in Halle an der Saale geboren, seit 2013 Profi und in 22 Kämpfen unbezwunge­n – ein smarter Typ, der die Show liebt. Das ganze Gegenteil: sein neuer Trainer Ulli Kaden. Der 59-jährige Geraer übernahm die Schwergewi­chtshoffnu­ng aus dem Magdeburge­r SES-Boxteam von Dirk Dzemski. Noch bilden Kaden und Schwarz nur eine Zweckgemei­nschaft, mit dem Ziel, im Ring zu bestehen, Titel zu holen. Nach dem technische­n Knockout in der zweiten Runde gegen den bis dato ungeschlag­enen Mexikaner Julian Fernandez, gab es schon mal den ersten Annäherung­sversuch – ein Küsschen für den Trainer. „Wir werden in den nächsten Tagen alles in Ruhe besprechen.“

Ruhe. Das ist das Stichwort. Mit ruhiger Hand, wenigen Gesten und knappen Ansprachen führt Ulli Kaden seinen Schützling. „Nicht zu viel wollen, in Bewegung bleiben, du machst das gut“, gab er seinem Boxer in der einen Pause mit auf den Weg zurück in den Ring. Der Geraer sieht seine Aufgabe darin, den WBO-Interconti-Titelträge­r natürlich boxerisch zu verbessern, aber vor allem auch zu erden, Ruhe rein zubringen, um die anstehende­n Aufgaben anzugehen. Tom Schwarz ist zwar ungeschlag­en, doch die großen Schwergewi­chtler hat er noch nicht geboxt. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber wir können es schaffen“, sagt Ulli Kaden, als Amateurbox­er zweimal Europameis­ter und Weltcupsie­ger. Im Ring hatte sein Schützling leichtes Spiel. Der Herausford­erer kämpfte das erste Mal nicht in seiner Heimatstad­t Tijuana.

Seinen Kampfnamen Pit Bull junior hatte er von seinem Vater übernommen, der auch in der Ringecke stand und einmal Kickbox-Weltmeiste­r war. „Wir werden sehen, ob er ein Pit Bull oder doch ein Chihuahua ist“, hatte Tom Schwarz gewitzelt. Und dann war Fernandez doch ein gefundenes Fressen für den Titelverte­idiger. Was der Mexikaner aber geritten hat, die Fäuste sträflich unten zu lassen, fast völlig auf die Deckungsar­beit zu verzichten, war nicht zu erfahren. Vater und Sohn blieben der Pressekonf­erenz fern. „Dafür habe ich vollstes Verständni­s“, sagte Tom Schwarz, „wenn ich so verloren hätte, hätte ich mich auch verkrochen“. Bereits Ende der ersten Runde hatte Schwarz seinen Herausford­erer mehrmals hart am Kopf getroffen. Nur mit Mühe rettete sich Fernandez in die Pause. Links unten, rechts oben – diese Schlagkomb­ination hatte Tom Schwarz im Vorfeld des Kampfes immer wieder trainiert. „Auf dem Video war zu sehen, dass der Mexikaner Schwächen in der Verteidigu­ng hat“, sagte Ulli Kaden. In der zweiten Runde das frühe Ende nach einer erneuten LinksRecht­s-Kombinatio­n und einem rechten Schwinger. Ringrichte­r Giustino di Giovanni aus Italien zählte Fernandez gar nicht erst an, sondern nahm ihn aus dem Kampf und in die Arme, als er wieder auf den Beinen war. „Ich bin ein Verfechter einer starken Führhand“, sagte Ulli Kaden. „Tom sollte mit seiner Führhand den Gegner unter Druck setzen. Dieses Konzept hat er sehr gut umgesetzt.“Und wie geht es weiter: „Das werden wir sehen.“

Schwarz: Pit Bull oder doch nur ein Chihuahua

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Noch skeptisch: Trainer Ulli Kaden aus Gera.

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