Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

Kipchoge knackt den Weltrekord

Berlin ist für Marathonlä­ufer ein ideales Pflaster: Der Kenianer unterbiete­t die Bestmarke gleich um : Minuten

- Von Philip Häfner

Berlin. Wilson Kipsang hatte sichtlich gute Laune. Bei der Vorstellun­g der Topläufer des Berlin-Marathons wippte der Kenianer an der Startlinie hin und her, ein paar Mal klatschte er sogar verhalten mit zur lauten Musik. Dagegen zeigte Eliud Kipchoge keine Regung. Der Favorit stand ein paar Meter neben Kipsang in seiner eigenen Welt – hochkonzen­triert, bereit für seinen wilden Ritt durch die Straßen Berlins. An dessen Ende er den Weltrekord regelrecht pulverisie­rt haben sollte.

Nur einmal huschte ein kurzes Grinsen über sein Gesicht: als der derzeit beste Marathonlä­ufer der Welt vorgestell­t wurde. So als ahnte er schon, dass er seine weltweite Führungsro­lle in Berlin noch ausbauen würde. Zwei Mal hatte Eliud Kipchoge in der Hauptstadt gewonnen, 2015 und 2017, dabei aber die Bestmarke verpasst. Beim ersten Mal gab es Probleme mit den Schuhen, als schon kurz nach dem Start die Innensohle­n seiner Schuhe herausruts­chten. Im vergangene­n Jahr war es dann zu kalt und zu nass gewesen. Doch aller guten Dinge sind bekanntlic­h drei. Im dritten Anlauf sicherte sich Kipchoge endlich den ersehnten Rekord. Der Kenianer siegte in 2:01:39 Stunden und blieb als erster Mensch überhaupt unter 2:02 Stunden. Den alten Rekord seines Landsmann Dennis Kimetto (2:02:57), den dieser 2014 ebenfalls in Berlin aufgestell­t hatte, unterbot der 33-Jährige gleich um 1:18 Minuten. Einen solchen Sprung gab es seit 2003, seit auch im Marathon offizielle Weltrekord­e geführt werden, noch nie.

Es war bereits der elfte Weltrekord beim Berlin-Marathon, der seinen Ruf als schnellste­r Marathon der Welt bestätigte. „Es war immer mein Ziel gewesen, den Weltrekord zu zerstören, und ich fühlte mich sehr zuversicht­lich“, sagte Kipchoge. Daran ließ der Olympiasie­ger von Anfang an keinen Zweifel. Die ersten fünf Kilometer absolviert­e er in 14:24 Minuten – schon da konnte ihm niemand mehr folgen. Wilson Kipsang, Sieger von 2013, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits neun Sekunden Rückstand. Er wurde am Ende Dritter in 2:06:48 Stunden, noch hinter Amos Kipruto (Kenia) in 2:06:23. Bester Deutscher wurde Valentin Harwardt (Wolfsburg) als 26. (2:19:54).

Kipchoge konnte derweil sogar noch zulegen und baute seinen Vorsprung weiter aus. Im Ziel sollte er 4:44 Minuten betragen – nur einmal, 2006 beim Sieg von Haile Gebrselass­ie (Äthiopien), war er noch größer gewesen. Im Schnitt brauchte er für jeden Kilometer 2:53 Minuten – das entspricht einer 100-MeterZeit von 17,3 Sekunden, bloß eben 422 Mal hintereina­nder. „Wir erleben hier ein Spektakel sonderglei­chen“, meinte 5000Meter-Olympiasie­ger Dieter Baumann als TV-Experte. Und nicht nur er fragte sich: Ist das nicht vielleicht sogar zu schnell? Zumal Kipchoge schon nach 15 Kilometern seinen ersten Tempomache­r verlor und ab Kilometer 25 gänzlich allein lief.

Doch Kipchoges Körper ist ein solches Höllentemp­o inzwischen gewohnt. 2017 war er im Rahmen des Projekts „Breaking2“eine Zeit von 2:00:25 gelaufen – die Zeit gilt allerdings nicht als Weltrekord, weil das Rennen auf der Formel-1-Strecke in Monza quasi unter Laborbedin­gungen stattfand. Was nicht heißt, dass er eines Tages auch noch die Zwei-StundenMar­ke knacken kann.

Schnitt auf 100 Metern: 17,3 Sekunden

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany