Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Kipchoge knackt den Weltrekord
Berlin ist für Marathonläufer ein ideales Pflaster: Der Kenianer unterbietet die Bestmarke gleich um : Minuten
Berlin. Wilson Kipsang hatte sichtlich gute Laune. Bei der Vorstellung der Topläufer des Berlin-Marathons wippte der Kenianer an der Startlinie hin und her, ein paar Mal klatschte er sogar verhalten mit zur lauten Musik. Dagegen zeigte Eliud Kipchoge keine Regung. Der Favorit stand ein paar Meter neben Kipsang in seiner eigenen Welt – hochkonzentriert, bereit für seinen wilden Ritt durch die Straßen Berlins. An dessen Ende er den Weltrekord regelrecht pulverisiert haben sollte.
Nur einmal huschte ein kurzes Grinsen über sein Gesicht: als der derzeit beste Marathonläufer der Welt vorgestellt wurde. So als ahnte er schon, dass er seine weltweite Führungsrolle in Berlin noch ausbauen würde. Zwei Mal hatte Eliud Kipchoge in der Hauptstadt gewonnen, 2015 und 2017, dabei aber die Bestmarke verpasst. Beim ersten Mal gab es Probleme mit den Schuhen, als schon kurz nach dem Start die Innensohlen seiner Schuhe herausrutschten. Im vergangenen Jahr war es dann zu kalt und zu nass gewesen. Doch aller guten Dinge sind bekanntlich drei. Im dritten Anlauf sicherte sich Kipchoge endlich den ersehnten Rekord. Der Kenianer siegte in 2:01:39 Stunden und blieb als erster Mensch überhaupt unter 2:02 Stunden. Den alten Rekord seines Landsmann Dennis Kimetto (2:02:57), den dieser 2014 ebenfalls in Berlin aufgestellt hatte, unterbot der 33-Jährige gleich um 1:18 Minuten. Einen solchen Sprung gab es seit 2003, seit auch im Marathon offizielle Weltrekorde geführt werden, noch nie.
Es war bereits der elfte Weltrekord beim Berlin-Marathon, der seinen Ruf als schnellster Marathon der Welt bestätigte. „Es war immer mein Ziel gewesen, den Weltrekord zu zerstören, und ich fühlte mich sehr zuversichtlich“, sagte Kipchoge. Daran ließ der Olympiasieger von Anfang an keinen Zweifel. Die ersten fünf Kilometer absolvierte er in 14:24 Minuten – schon da konnte ihm niemand mehr folgen. Wilson Kipsang, Sieger von 2013, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits neun Sekunden Rückstand. Er wurde am Ende Dritter in 2:06:48 Stunden, noch hinter Amos Kipruto (Kenia) in 2:06:23. Bester Deutscher wurde Valentin Harwardt (Wolfsburg) als 26. (2:19:54).
Kipchoge konnte derweil sogar noch zulegen und baute seinen Vorsprung weiter aus. Im Ziel sollte er 4:44 Minuten betragen – nur einmal, 2006 beim Sieg von Haile Gebrselassie (Äthiopien), war er noch größer gewesen. Im Schnitt brauchte er für jeden Kilometer 2:53 Minuten – das entspricht einer 100-MeterZeit von 17,3 Sekunden, bloß eben 422 Mal hintereinander. „Wir erleben hier ein Spektakel sondergleichen“, meinte 5000Meter-Olympiasieger Dieter Baumann als TV-Experte. Und nicht nur er fragte sich: Ist das nicht vielleicht sogar zu schnell? Zumal Kipchoge schon nach 15 Kilometern seinen ersten Tempomacher verlor und ab Kilometer 25 gänzlich allein lief.
Doch Kipchoges Körper ist ein solches Höllentempo inzwischen gewohnt. 2017 war er im Rahmen des Projekts „Breaking2“eine Zeit von 2:00:25 gelaufen – die Zeit gilt allerdings nicht als Weltrekord, weil das Rennen auf der Formel-1-Strecke in Monza quasi unter Laborbedingungen stattfand. Was nicht heißt, dass er eines Tages auch noch die Zwei-StundenMarke knacken kann.
Schnitt auf 100 Metern: 17,3 Sekunden