Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Erfolgreich in Thüringen und Norwegen
Am Sonntag eröffnet Haus Schulenburg in Gera eine Ausstellung, die den modernen Architekten Thilo Schoder feiert
Gera. Gera rühmt sich zurecht, in Thüringen die größte Dichte an von Bauhaus geprägten Baudenkmälern zu haben. Verantwortlich für diese eindrucksvolle Fülle ist vor allem ein Architekt: der von Weimarer Wirtsleuten abstammende Thilo Schoder (1888-1979). Das Haus Schulenburg in Gera widmet dem Baumeister und Designer ab morgen die Ausstellung „Thilo Schoder – Schüler und Freund Henry van de Veldes“. Die Schau ist ein Beitrag des privat geführten Museums zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum 2019. Sie wird im März um einen zweiten Teil ergänzt, der sich dann dezidiert dem belgischen Architekturpionier van de Velde zuwendet, der auch Haus Schulenburg (1913/1914) schuf.
Das Leben Thilo Schoders war von Erfolgen und Enttäuschungen geprägt. 1915 wird er Chefdesigner des Geraer Karosserie-Herstellers Golde, entwirft für das Unternehmen sowohl Fachzeitschriften als auch Automobilformen. Der Durchbruch als Architekt gelingt ihm 1920 mit dem Bau der neuen Produktionsstätte für Traugott Golde. Mit seiner Wohnsiedlung in Hermsdorf, die er gemeinsam mit Ernst Trommler plant, entwickelt er sich zudem zum überregional wahrgenommenen Spezialisten für Siedlungsbau.
Neustart in Kristiansand in Südnorwegen
Zu seinen Geraer Werken zählen unter anderem der Industriebau für die Seidenweberei Schulenburg und Bessler oder die Frauenklinik Dr. Ernst Schäfer. Auch bestimmt er in den 20er-Jahren das Kulturleben der Stadt. „In seinem Haus verkehren überregional bedeutende Künstler der Moderne wie Wassily Kandinsky, Oskar Kokoschka“, schreibt Kuratorin Doris Weilandt in der Ausstellung. Doch ab 1929 lässt die Weltwirtschaftskrise die Auftragslage einbrechen. Auftraggeber zahlen nicht, juristische Auseinandersetzungen folgen. Schoders Situation wird derart prekär, dass der Geraer Textilfabrikant Paul Schulenburg sogar Geld für ihn sammelt.
Wirtschaftlich am Boden, entschließt sich Schoder Ende 1932, nach Norwegen zu übersiedeln, „in die Heimat seiner zweiten Frau Bergljot Brandsberg-Dahl“, wie Doris Weilandt erläutert. Während Schoder die ersten Jahre vergeblich auf eine Arbeitserlaubnis wartet, sorgt seine Ehefrau, die eine gefragte Sopranistin ist, zumindest teilweise für das Familieneinkommen.
1936 kann er in Kristiansand endlich ein Atelier eröffnen. Wie in Gera avanciert er dort zum prägenden Architekten seiner Zeit und leistet wesentliche Beiträge zur modernen Architektur Norwegens. Doch die deutsche Okkupation Norwegens wird erneut zur Zäsur. Schoder wird von der Gestapo verhaftet und sogar gezwungen, ein Arbeitslager zu bauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kann er dann weitere Bauprojekte verwirklichen, darunter die Wohnsiedlung Solbygg, sein bekanntestes Werk in Norwegen.
„Im Zentrum der Ausstellung stehen Briefe von Schoder an seinen Lehrer Henry van de Velde“, sagt Kuratorin Weilandt. Museumsdirektor Volker Kielstein habe sie vor etwa 20 Jahren beim gemeinsamen Besuch mit seiner Frau in der Königlichen Bibliothek in Brüssel gefunden. Sie stammen aus den Jahren 1933 bis 1954 und thematisieren die Anfänge in Norwegen ebenso wie architektonische Fragen. Doris Weilandt hat zu