Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Balnuweit trainiert bei Balzer
Der Geraer Hürdensprinter will noch einmal durchstarten, hat die Hallen-EM und die WM in Doha im Blick
Bad Lobenstein. Im Jahr 2011, zum Ende seiner Laufbahn hin, ist Falk Balzer noch gegen Erik Balnuweit angetreten. „Klar, kann ich mich noch dran erinnern. Falk war ein Top-Hürdensprinter. Ich befand mich beim Übergang von der Jugend zu den Männern“, sagt Erik Balnuweit.
Man kennt sich, sieht sich – wie es so ist, wenn man die gleiche Disziplin betreibt. Der Geraer konnte in den vergangenen beiden Jahren auch schon von dem einen oder anderen Tipp profitieren.
Aus den Konkurrenten von einst sind nun Partner geworden. Balnuweit trainiert bei Balzer in Bad Lobenstein, wo der 44-Jährige als freiberuflicher Coach eine Trainingsgruppe leitet – mit der deutschen Sprinthoffnung Tiffany Eidner. Und seit Anfang des Monats macht sich Erik Balnuweit Tag für Tag von seinem Wohnort Bad Klosterlausnitz auf den Weg nach Bad Lobenstein. Von der Zusammenarbeit mit Falk Balzer erhofft sich der gebürtige Geraer, der als Steppke bei Erhard Lier mit der Leichtathletik begann, schon einiges, wohl wissend, dass ein Trainerwechsel auch Risiken birgt. „Wir haben uns beschnuppert, es passt“, sagt Falk Balzer. „Ich schaue mir die Leute optisch an, sehe, wo kann ich ansetzen“, sagt der EMZweite von 1998. Bei seinem neuen Schützling sei „ein gewisser Grund drin, der zu einer gewissen Leistung geführt hat“.
Doch es gebe Reserven, da wurden Dinge falsch begonnen, in die falsche Richtung getrieben, aber da sei nichts dabei, was man nicht würde richten können. Es fehle eben noch an dem i-Tüpfelchen, am Feinschliff in der Technik, die Balnuweit vielleicht dazu befähigen könnte, in Balzers Sphären vorzudringen. Balzers Bestzeit über die 110 m Hürden steht bei 13,10 Sekunden. Balnuweit lief im Juni 2013 mit 13,44 Sekunden so schnell wie seither nicht mehr. Und da will er wieder hin – mindestens. Doch zwischenzeitlich stand seine Laufbahn sogar auf der Kippe, zwei Fußoperationen vor Rio 2016 bremsten ihn aus, er verpasste seinen zweiten Olympiastart nach London 2012. In der abgelaufenen Saison lief es aber schon wieder ganz ordentlich. Der junge Vater – sein Sohn kam im Juni auf die Welt – wurde in Nürnberg DM-Zweiter und qualifizierte sich für die Leichtathletik-EM in Berlin – im Halbfinale war Endstation.
Das sei in Ordnung gewesen, sagt er, es hätte schon eines Sahnetages bedurft, um ins Finale zu kommen. Doch der Sportsoldat, der in Frankenberg stationiert ist und weiterhin für den TV Wattenscheid läuft, will es dabei nicht belassen, noch fehlt ihm eine internationale Medaille. „Ich fühle mich noch nicht am Zenit meiner Leistungsfähigkeit“, sagt er. „Und was liegt näher, als bei einem Trainer zu lernen, der einst in der Weltklasse unterwegs war, der weiß, wie es geht.“Und der Geraer sieht durchaus Parallelen zu den überaus erfolgreichen deutschen Speerwerfern um Weltmeister Johannes Vetter und Olympiasieger und Europameister Thomas Röhler aus Jena. „Mit Boris Obergföll können sie von einem Bundestrainer profitieren, der selbst auch Weltspitze war“, sagt Erik Balnuweit. Im Hürdensprint hätte es diese Konstellation noch nicht gegeben, dass ein früherer TopSportler einen aufstrebenden Hürdler wie ihn betreut. Falk Balzer verschränkt die Arme vor der Brust und nickt, es lässt sich gut an. „Ja, Erik hat einen wachen Blick, er hat die Gabe, schnell zu lernen und kann Vorgaben schnell umsetzen.“Und 30 sei für einen Hürdensprinter noch überhaupt kein Alter, da gehen noch acht, neun Jahre auf hohem Niveau. „Wenn Erik weiß, wie es geht, und weiß, dass er es kann, weil er es im Training x-Mal geübt – dann flutscht es wie von allein, dann nimmst er die Hürden wie in Trance.“Nur in die alten Automatismen dürfe er nicht zurückfallen.
Doch der neue Trainer macht den Kopf frei. Gestern beim Training stand Weitsprung auf dem Programm. Warum nicht, auch wenn Balnuweit schon jahrelang nicht mehr in die Grube gesprungen ist. „Wir machen Leichtathletik“, sagt Erik Balnuweit und schmunzelt. Dass manches in Bad Lobenstein anders gemacht wird, hat er schon nach den ersten Trainingseinheitengemerkt. „Man wird es sehen“, sagt Falk Balzer – schon in der kommenden Hallensaison. Die Hallen-EM in Glasgow und die WM in Doha seien die Ziele 2019. Und ganz nebenbei und durchaus gewollt, kann auch Sprinterin Tiffany Eidner, DMFünfte über 100 m, vom neuen Trainingskollegen profitieren: Und dass auch sie eines Tages im Hürdensprint antritt, das würde Balzer schon gerne sehen.
Laufbahn stand 2016 sogar auf der Kippe