Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
„Danke, Achim!“
Mehr als 30 Jahre lang war Joachim Voigt Chef der Ottendorfer Feuerwehr. Statt immer in Bereitschaft zu sein, will er sich nun im Ruhestand Garten und Kleintierzucht widmen
Saale-Holzland. Ein Taschentuch habe er zur Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Ottendorf am 23. Februar nicht gebraucht, sagt Joachim Voigt. „Er war aber kurz davor“, ergänzt Ottendorfs Bürgermeister Stefan Hücker und schmunzelt.
Weil er sich mental darauf einstellen konnte, sei er relativ gefasst gewesen, als seine Kameraden ihn mit großem Dank, kleineren Präsenten und freundlichen Worten auf der Jahreshauptversammlung nach mehr als 32 Jahren als Feuerwehrchef verabschiedeten. „Irgendwann muss es ja sein. Jetzt bin ich froh, dass ich die Verantwortung an die jüngere Generation abgeben konnte. Jahrzehntelang war ich Tag und Nacht einsatzbereit“, sagt Joachim Voigt.
Dem 66-Jährigen wird nachgesagt, wie „eine Mutti“für seine Kameraden gewesen zu sein. Um alles habe er sich gekümmert: Ob es die Bestellung der persönlichen Schutzausrüstung in den jeweils richtigen Kleidergrößen für die Feuerwehrleute oder die Arztbesuche für die Tauglichkeitsuntersuchung der Atemschutzgeräteträger waren. Ob es sich um die Auffrischung der Fahrerlaubnis handelte oder darum, ein offenes Ohr für die Befindlichkeiten eines jeden Kameraden zu haben.
Weil ihm die Ausbildung seiner Leute immer besonders am Herzen lag, habe er sie auch „ständig zur Schule, Ausbildung und Weiterbildung gegängelt“. Was er dafür nun zurückbekam? Ein ernstgemeintes Dankeschön. „Das war genau richtig und ist das, was uns heute ausmacht. Wir sehen in unseren Nachbargemeinden genau das Problem, dass kein Nachwuchs und zu wenig bis gar keine ausgebildeten Kameraden vor Ort sind“, sagt Jens Ille. Der 46-Jährige ist auf der Jahreshauptversammlung einstimmig zu Joachim Voigts Nachfolger gewählt worden. Sein Ziel sei es, die Ottendorfer Wehr so weiterzuführen, wie es „Achim“mehr als drei Jahrzehnte getan hat.
Wechsel in die Alters- und Ehrenabteilung der Wehr Ende August
Joachim Voigt, der seit Juli 2021 Rentner ist, bleibt der Ottendorfer Feuerwehr aber weiterhin treu. Bis zu seinem 67. Lebensjahr Ende August darf der 66-Jährige vorschriftsmäßig noch in der Einsatzabteilung bleiben, danach muss er in die Altersund Ehrenabteilung wechseln.
Für ausreichend Abwechslung sei auch dann noch gesorgt. Denn Joachim Voigt arbeitet gern in seinem Garten und ist Kleintierzüchter von Kaninchen, Hühnern, Tauben und Gänsen. Seit dem Jahr 2000 ist er Mitglied im Rassegeflügelzuchtverein (RGZV) Stadtroda und dort im Vorstand aktiv. Im September 2022 übernahm er den Vorsitz des Naturund Heimatvereins Tälerdörfer. Ganz nebenbei schreibe er seit 2021 an der Ortschronik von Ottendorf. Diese Arbeit will er voraussichtlich im Winter 2025 fertigstellen.
An seine Zeit in der aktiven Wehr werde er sicher künftig hin und wieder denken. Seit 1976, und bis Ende des Jahres 1979, war Joachim Voigt in der Betriebsfeuerwehr der VEB Fahrzeugzubehörwerke Ronneburg im Werk in Triptis tätig. Seinen Maschinisten-Lehrgang absolvierte er 1979. Von Oktober 1988 bis April 1989 nahm er an einem Lehrgang „Offiziersausbildung“teil, was einer heutigen Führungsausbildung entspricht.
Ende 1991 wurde ihm das Amt als Ortsbrandmeister von Ottendorf übertragen. „Der Amtsvorgänger
wollte es aus Altersgründen nicht mehr machen. Aber es musste ja weitergehen“, sagt Joachim Voigt. Unter seiner Führung ist 1998 die Jugendfeuerwehr in Ottendorf gegründet worden. Diese erkämpfte sich Urkunden beim Seifenkistenrennen, bei Geländespielen und 2003 den 10. Platz im Bundeswettbewerb der Deutschen Jugendfeuerwehr in Stadtroda. „Auch diese Verdienste galten Achim als Führungsperson, als Ausbilder und vor allem als Organisator“, sagt Jens Ille.
Jugendfeuerwehr 2016 wiederbelebt
Ende 2003 ist die Jugendfeuerwehr in Ottendorf jedoch für einige Jahre stillgelegt worden. Alle Jugendlichen hatten damals das 16. Lebensjahr erreicht und konnten in die Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Ottendorf eintreten. Erst im Januar 2016 lebte die Jugendfeuerwehr wieder neu auf.
Eines sei gewiss, sagt der bisherige Feuerwehrchef: Ohne den starken Rückhalt durch seine Familie, durch seine Frau, hätte er das Ehrenamt nicht ausüben können. „Und wenn ich es nicht wirklich gewollt hätte, hätte ich es auch nicht so lange ausgeübt.“