Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
„FC Carl Zeiss ist im Vorteil“
Torsten Ziegner spielte für beide Thüringer Vereine und spricht über seine Derbyerfahrungen
Jena. Torsten Ziegner (46) hat sowohl für den FC Carl Zeiss Jena als auch den FC Rot-Weiß Erfurt gespielt. Der Fußballtrainer lebt in Jena und verrät im Interview mit unserer Zeitung, wen er als Favoriten am Samstag im Thüringenderby sieht.
Schauen Sie sich das Derby im Stadion an?
Logisch. Wenn ich schon mal die Zeit habe und selbst nicht arbeite, lasse ich mir so ein Spiel nicht entgehen. Ich bin froh, derzeit Fußball ohne Druck und Hemmnisse anzuschauen.
Der MSV Duisburg hatte Sie in der Hinrunde beurlaubt.
Wer das Fußballgeschäft kennt, weiß, dass der Jubel über Erfolge wie Trainerfreistellungen zum Geschäft dazugehören. Deshalb darf man nicht zu emotional an die Sache herangehen, sonst belasten einen die Freistellungen zu sehr.
Das war als Spieler ganz und gar nicht Ihre Art: speziell in Derbys?
Das stimmt. Ich habe mich auf die Derbys gefreut, weil die ganze Region darauf hingefiebert hat. Es elektrisiert schon im Vorfeld, das Stadion ist ausverkauft und die Spieler wissen, dass das Ergebnis für ein halbes Jahr nachhallt. Es geht zwar auch nur um drei Punkte, aber man kann den Fans etwas zurückgeben, wovon sie lange Zeit zehren.
Sie haben zwei Derbys für den FC RotWeiß gespielt und mit dem Sieg jeweils den Landespokal gewonnen.
Erfurt ist damals der Favoritenrolle gerecht geworden, weil Jena eine Liga unter uns spielte.
Sie waren von den Stuttgarter Kickers zu Rot-Weiß gekommen: Spielte Ihre Jenaer Vergangenheit dort eine Rolle?
Vom ersten Tag an. Die Entscheidung hatte ich aus rein sportlichen Gründen getroffen. Erfurt hat damals eine Mannschaft mit einer hohen Qualität zusammengestellt, weil die wirtschaftlichen Bedingungen sehr gut waren. Ich glaubte, so schnell wieder in die zweite Liga zu kommen.
Wie wurden Sie aufgenommen?
Die Erfurter Fans haben mich nicht willkommen geheißen und nie akzeptiert. Dort spielte die übergeordnete Rolle, dass ich vom FC Carl Zeiss stamme. Mit der Mentalität der Menschen bin ich nie warm geworden.
War es auch in der Kabine ein Spießrutenlauf?
Dort gar nicht. Auch das Verhältnis der Spieler beider Vereine ist außerhalb
der Spiele, in denen es 90 Minuten emotional zur Sache geht, absolut in Ordnung. Die Rivalität geht von den Fanlagern aus.
Nach Ihrem Wechsel nach Jena gelangen Ihnen in der Saison 2005/06 gleich drei Derbysiege mit Jena.
Derbys haben uns zu dieser Zeit gelegen. Wir haben es immer geschafft, uns maximal gut auf diese Spiele zu fokussieren.
Im Landespokal-Spiel dieser Saison hat Ronny Hebestreit Sie bereits nach zwei Sekunden mit beiden Beinen voraus gefoult.
Das war ein Monsterfoul und so geplant: Wenn Jena Anstoß hat, wollten die gleich ein Zeichen setzen. Zum Glück ist mir nichts passiert. Das Foul wäre außer zwei Sekunden nach Anstoß immer glatt Rot mit acht Spielen Sperre gewesen. So gab es nur Gelb.
Im Detail kann ich es nicht hundertprozentig bewerten, weil ich mich nicht so intensiv mit Rot-Weiß beschäftigt habe. Erfurt hat seit fünf Spielen nicht mehr gewonnen. Die Tendenz bei Jena ging in den vergangenen Spielen bei Leistung und Ergebnis hingegen nach oben. Dazu kommt das Heimspiel im ausverkauften Stadion, dieser Rückenwind spricht mehr für Jena.
Ist das so entscheidend: Jena hat im Hinspiel auch als Außenseiter überrascht?
Es spielt eine Rolle, ob man mit Rückenwind und Selbstverständnis hineingeht, weniger Angst und mehr Zuversicht hat. Erfurt wird nicht mit einer breiten Brust nach Jena kommen.
Was sollten die Spieler beachten?
Das Allerwichtigste ist, dass du bereit bist für das Spiel: körperlich, aber vor allem im Kopf. Es kann sehr hitzig werden, es werden viele Zweikämpfe geführt. Es wird kein Spiel, bei der beide Mannschaften mit Zauberfußball glänzen. Es geht darum, dem Gegner den Schneid abzukaufen. Der FC Carl Zeiss ist im Vorteil.
Warum? Wie sehen Sie die Ausgangslage für das aktuelle Derby?
Der FCC hat eine Formation gefunden und Unterschiedsspieler in seinen Reihen: Burim Halili hält die Abwehr gut zusammen, Justin Petermann lenkt das Spiel und Cemal Sezer kann Spiele entscheiden. Wenn die Achse funktioniert und die Jenaer Spieler im Kopf bereit sind, werden sie das Spiel gewinnen.
FC Carl Zeiss Jena – FC Rot-Weiß Erfurt, Samstag, 16 Uhr, Ernst-Abbe-Sportfeld