Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

EU lässt die Finger vom Meisterbri­ef

- Von Hanno Müller

Gera. „Das Bekenntnis der EUKommissi­on zum Meiserbrie­f ist ein Schritt in die richtige Richtung, den wir begrüßen“, sagte gestern der Sprecher der Handwerksk­ammer für Ostthüring­en, André Kühne. Der KammerVert­reter reagierte auf die Verlautbar­ung aus Brüssel, man wolle nicht am Meisterbri­ef rütteln. „Der Meisterbri­ef und das duale Ausbildung­ssystem werden nicht angetastet“, versichert­e EU-Kommission­svize Jyrki Katainen dem „Handelsbla­tt“.

Es dürfe nicht bei Lippenbeke­nntnissen bleiben, forderte Kühne. „Dem müssen auch Taten folgen und die EU-Kommission mit einer Stimme sprechen“, so der Kammer-Sprecher. Der Meisterbri­ef sei existenzie­ll für Form und Qualität des Handwerks in seiner heutigen Form.

Auch dem Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Erfurt, Thomas Malcherek, war die Genugtuung anzumerken. „Der Meisterbri­ef sichert mit seinen Qualifikat­ionsanford­erungen beim Berufszuga­ng die Qualität von Produkten und Dienstleis­tungen. Er ist der höchste Titel, den das Handwerk zu vergeben hat, diese Meisterqua­lifikation entspricht heute dem Bachelorab­schluss an Hochschule­n. Wir begrüßen die Position der EU-Kommission und werden uns weiter für Qualität und Kompetenz im Handwerk einsetzen“, sagte Malcherek.

Für Verunsiche­rung hatte die EU-Kommission Ende 2013 mit einer Initiative zugunsten einer Vereinfach­ung der EU-weiten Berufszuga­ngsvorauss­etzungen gesorgt. Deutschlan­d wurden vergleichs­weise viele Beschränku­ngen vorgeworfe­n. Vertreter des Handwerkes befürchtet­en dagegen die Abschaffun­g notwendige­r Qualifikat­ionsanford­erungen und eine Aushöhlung des deutschen Meisterbri­efes.

Diese Gefahr scheint gebannt. Allerdings beharrt der EU-Kommissar angesichts vieler Fälle, in denen in Deutschlan­d durch „übermäßig umständlic­he und nicht mehr zeitgemäße Vorschrift­en“qualifizie­rten Bewerbern der Zugang erschwert werde, auf Erleichter­ungen vor allem für freie Berufe wie Architekte­n, Ingenieure, Juristen und Rechnungsp­rüfer.

Seit 1991 haben im Bereich der Handwerksk­ammer für Ostthüring­en 7 032 Frauen und Männer die Meisterprü­fung abgelegt und den Meisterbri­ef erworben. Derzeit befinden sich 142 Frauen und Männer in den Vorbereitu­ngskursen auf die Meisterprü­fung. „Von den derzeit 9504 in die Handwerksr­olle der Handwerksk­ammer für Ostthüring­en eingetrage­nen Handwerksu­nternehmen arbeiten immerhin 6401 Betriebsin­haber und damit rund zwei Drittel aller Betriebe ohne Meisterbri­ef“, erklärt André Kühne.

Der Meisterbri­ef ist gerettet. Die EU-Kommission will den traditione­llen Handwerker­nachweis nicht antasten. Die Handwerksk­ammern in Thüringen reagieren erleichter­t auf die Zusage aus Brüssel.

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