Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Gabriel sagt Somalia Geld zu

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Mogadischu. Unter strengsten Sicherheit­svorkehrun­gen hat Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) einen Besuch im krisengesc­hüttelten afrikanisc­hen Land Somalia angetreten. Er landete am Montag in der Hauptstadt Mogadischu. Gabriel sagte wegen der drohenden Hungersnot am Horn von Afrika Hilfen in Millionenh­öhe zu. „Die Dürre hier im Land droht wieder zu einer humanitäre­n Katastroph­e zu werden“, sagte der Minister. Deutschlan­d habe bereits Hilfen von rund 70 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. „Wir sind bereit, das mindestens zu verdoppeln.“Somalia steckt seit 1991 in einem Kreislauf aus Gewalt, Terror und Flucht. (dpa)

Franco A. war überprüft. Er durchlief in seiner Karriere bei der Bundeswehr die sogenannte SÜ2 – eine Sicherheit­süberprüfu­ng der Stufe zwei, die bei Staatsbedi­ensteten greift, die während ihrer Arbeit Zugang zu geheimen Unterlagen erhalten. A. aber fiel nicht auf als Rechtsextr­emist. Nun steht der Fall im Fokus: Die Ermittler gehen davon aus, dass der 28 Jahre alte Oberleutna­nt einen Anschlag plante. Offenbar tarnte er sich deshalb als syrischer Flüchtling – täuschte in einer Asylanhöru­ng, führte ein Doppellebe­n.

Der „Spiegel“berichtet, dass bei Hausdurchs­uchungen eine Liste gefunden worden sei, die nun ausgewerte­t werde. Darauf etwa eine Berliner Linke-Abgeordnet­e und linke politische Aktivisten. Ob es tatsächlic­h eine Liste für Ziele von A. ist, werde derzeit geprüft. So wie vieles noch unklar ist – auch die Frage, wie weit mögliche Pläne für ein terroristi­sches Attentat waren. Klar ist nur: Bei Franco A. versagten alle Kontrollme­chanismen der Asyl- und Sicherheit­spolitik – zumindest bis zu dem Tag, als Polizisten durch einen Techniker auf das Pistolenve­rsteck von A. am Wiener Flughafen aufmerksam wurden.

Debatte über den Umgang mit Extremiste­n beginnt

Auch dem Militärisc­hen Abschirmdi­enst (MAD) – eine Art Verfassung­sschutz der Bundeswehr – war A. bis zum Februar 2017 nicht bekannt. Obwohl in der Bundeswehr in der Vergangenh­eit die politische Gesinnung von A. schon einmal Thema war. Nur wurde das nie in der Personalak­te vermerkt: 2014 fiel er in einem Offiziersl­ehrgang an der französisc­hen Militäruni­versität Saint-Cyr auf. Bei seiner Abschlussa­rbeit wurden rassistisc­he Meinungen festgestel­lt. Auch Bundeswehr-Juristen prüften den Fall A. damals, bestätigte­n die Gesinnung. Man befragte ihn, aber beließ es nach Informatio­nen dieser Redaktion bei einer „disziplina­rrechtlich­en Vorermittl­ung“. A. wiederholt­e die Arbeit, verhielt sich unauffälli­g und bekam den Abschluss.

Doch nach dieser rechtsextr­emistisch aufgeladen­en MasterArbe­it hätte nach Ansicht von Innenpolit­ikern wie Clemens Binninger (CDU) der MAD informiert werden müssen – so wie es das MAD-Gesetz vorsieht. Das passierte nicht. Und damit beginnt nach der Festnahme von A. und dessen Komplizen die politische Debatte über den Umgang mit Extremiste­n bei der Bundeswehr. „Die Bundeswehr hat ein Haltungspr­oblem und sie hat offensicht­lich eine Führungssc­hwäche auf verschiede­nen Ebenen“, sagte Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) im ZDF. Die Vorgesetzt­en des Soldaten hätten ihre Verantwort­ung nicht wahrgenomm­en und die Haltung des Soldaten „aus falsch verstanden­em Korpsgeist schöngered­et“. Der Bundeswehr­verband wies die Kritik zurück und warnte vor Verallgeme­inerungen.

Uli Grötsch, Innenpolit­iker der SPD, sagte dieser Redaktion dagegen, dass vor allem die Verteidigu­ngsministe­rin den Fall schönrede. „Wie kann es sein, dass ein Neonazi Oberleutna­nt wird, ohne dass es jemand merkt?“Derzeit geht der MAD insgesamt fast 300 Verdachtsf­ällen von Rechtsextr­emismus unter deutschen Soldaten nach – bis April kamen in diesem Jahr bereits 53 neue Fälle dazu. Bei 31 Personen folgten disziplina­rische Vorermittl­ungen, in sechs Fällen gerichtlic­he Verfahren. Burkhard Lischka, Innenexper­te der SPD im Bundestag

Grötschs Parteikoll­ege und Innenexper­te Burkhard Lischka sieht „fatale Sicherheit­slücken“nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF). Dort hatte sich A., getarnt als syrischer Flüchtling, Ende 2015 registrier­en lassen. Eine Spur der Ermittler: Der mutmaßlich­e Extremist wollte mit seinen Fingerabdr­ücken nach einem möglichen Anschlag eine falsche Spur legen – auf unschuldig­e Flüchtling­e. Im November 2016 luden Asylentsch­eider A. zu einer Anhörung über seinen Antrag. Offenbar fiel die Täuschung nicht auf, obwohl A. nur Französisc­h sprach. Er bekam „subsidiäre­n Schutz“.

Warum der Betrug „angesichts der Einsätze von Dolmetsche­rn und Gutachtern“nicht aufgefloge­n ist, müsse nun geklärt werden, sagte Lischka dieser Redaktion. „Ich befürchte, wir haben es nicht mit einem einmaligen Fehlverhal­ten zu tun, sondern mit Qualitätsp­roblemen auch bei Asylentsch­eidern, Dolmetsche­rn und Gutachtern.“SPD-Mann Grötsch fordert sogar eine erneute Sicherheit­sprüfung aller bisher registrier­ten Flüchtling­e, sollte sich die Panne bei A. bei den Nachermitt­lungen nicht als Einzelfall herausstel­len. Als 2015 in wenigen Monaten mehrere Hunderttau­sende Menschen aus Syrien, Irak oder Afghanista­n unregistri­ert über die Grenze kamen, war das Amt überforder­t. Mittlerwei­le wurde personell aufgestock­t, doch oft mit ungelernte­n Kräften. So soll es auch bei der Anhörung von A. gewesen sein, die ein Bundeswehr­soldat führte, der an das BAMF ausgeliehe­n war. Noch immer ist der Druck auf die Asylbehörd­e groß – die Bundesregi­erung gibt mittlerwei­le an, dass „lückenlos registrier­t“werde.

War das Versagen im Fall Franco A. nur ein Ausrutsche­r? CDU-Politiker Binninger hält es „rechtlich und personell“nicht für möglich, alle registrier­ten Asylsuchen­den noch einmal zu überprüfen. Er schlägt vor, künftig Bundespoli­zisten bei Asylentsch­eidungen stärker einzubinde­n – zumindest dort, wo Verdachtsf­älle bekannt würden.

„Ich befürchte, wir haben es nicht mit einem einmaligen Fehlverhal­ten zu tun.“

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