Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Szenen einer Ehe

- Von Jörg Quoos

Wenn die Not groß ist und Wahlen vor der Tür stehen, kann es auch in der Politik manchmal ganz schnell gehen. Die „Ehe für alle“wird jetzt auf letztem Drücker vor der Sommerpaus­e durchs Parlament geprügelt.

Martin Schulz konnte sich ausrechnen, dass die Union in dieser Frage ohne Mehrheit dasteht und hat die Kanzlerin zum Schwur gezwungen. Angela Merkel blieb nichts anderes übrig, als die Abstimmung für ihre Abgeordnet­en freizugebe­n. Ein Siegerthem­a ist die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe für die Union ohnehin nicht.

Unabhängig davon, wie man die „Ehe für alle“bewertet, lässt sich sicher feststelle­n: Die Ehe zwischen Union und SPD ist am Ende. Die Rambo-Aktion von Martin Schulz erinnert an einen Ehemann, der nach langer schwierige­r Ehe der Gattin die junge Geliebte präsentier­t. Dass die Kanzlerin nicht die Scheidung einreicht, indem sie die SPD-Minister entlässt, ist sicher der Terminlage geschuldet. Neuwahlen machen keinen Sinn, denn in drei Monaten wird ein neuer Bundestag gewählt. Und in der Regierung ist die SPD für die Kanzlerin ohnehin am besten zu kontrollie­ren.

Mit dem 24. September steht der Scheidungs­termin der Großen Koalition also fest. Bis dahin wird sicher noch so manche schmutzige Wäsche gewaschen. Und auch die Aussichten auf Versöhnung stehen seit gestern schlecht. So wie es zwischen Union und SPD gekracht hat, ist eine Neuauflage der Großen Koalition kaum vorstellba­r.

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