Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Facebook: Maas verteidigt Gesetz
Berlin. Justizminister Heiko Maas (SPD) hat die Kritik an seinem Gesetzentwurf gegen Hasskommentare in den sozialen Netzwerken zurückgewiesen. „Wem am Schutz der Meinungsfreiheit gelegen ist, der darf nicht tatenlos zusehen, wie der offene Meinungsaustausch durch strafbare Bedrohung und Einschüchterung unterbunden wird“, sagte er dieser Zeitung. Plattformbetreiber wie Facebook seien verpflichtet, strafbare Inhalte zu löschen, wenn sie davon Kenntnis erlangten. Der Gesetzentwurf sieht Strafen von bis zu 50 Millionen Euro vor, wenn Plattformen illegale Inhalte nicht schnell genug löschen. Der Bundestag stimmt am Freitag darüber ab. (gau)
Martin Schulz hatte sich mit den Verhältnissen abgefunden. Erst in der Juniausgabe des Berliner Schwulen- und Lesbenmagazins „Siegessäule“bekannte der SPD-Chef: „CDU und CSU lehnen die Ehe für alle ab, und in einer Koalition kann man keine Politik gegen den Koalitionspartner machen.“
Doch seit Montagabend hat sich die Geschäftsgrundlage geändert. Da plauderte CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Talkshow von „Brigitte“aus, wofür sie unionsintern wirbt: Sie wolle die Diskussion „eher Richtung einer Gewissensentscheidung“führen. Ihr schwebt vor, dass wie bei anderen moralischen Fragen – Sterbehilfe, Stammzellenforschung – aus der Mitte des Parlaments heraus Gruppenanträge gestellt werden. Es wäre das Versprechen einer offenen Abstimmung. Schulz erkannte: Da geht was. Er beschloss, Merkel beim Wort zu nehmen, nicht irgendwann, sondern sofort. Die „Ehe für alle“könnte bald Realität sein. Doch was heißt das? Die wichtigsten Fragen.
Wann kommt es zur Entscheidung?
Die SPD will eine Abstimmung in dieser Woche erzwingen, vermutlich am Freitag. Die Christdemokraten sind empört. Ihr Fraktionschef Volker Kauder sprach am Dienstag von einem „Vertrauensbruch“. Mehrere Abgeordnete waren intern in ihrer Wortwahl drastischer. Sie sprachen es offen aus: „Koalitionsbruch“. Die Kanzlerin ist zumindest befremdet über die Eile ihres Koalitionspartners. „Jetzt im Wahlkampf soll es holterdiepolter gehen“, bemerkte sie. Der Thüringer CDU-Abgeordnete Tankred Schipanski sprach gegenüber unserer Redaktion von einem „Seitenwechsel“. Auf die SPD sei kein Verlass mehr, beklagte Schipanski.
Nachdem der erste Ärger verraucht war, blickte Merkel schon wieder nach vorn. Sie will die Abstimmung freigeben. Aus der CSU erfährt sie dafür Unterstützung. Kauder rief seine Abgeordneten auf, in möglichst großer Zahl an der Abstimmung teilzunehmen. Wer eine völlige Gleichstellung der sogenannten Homo-Ehe mit der Ehe von Frau und Mann ablehne, solle respektvoll mit der Meinung der anderen umgehen.
Wie unterscheiden sich die Positionen der Parteien?
SPD, Grüne und Linke ziehen an einem Strang. In ihrem Gesetzentwurf heißt es, „die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen“. Damit wären alle Lebensgemeinschaften gleichgestellt. Auch programmatisch sind die Positionen identisch und auch mit der FDP kompatibel, die nicht im Bundestag sitzt. Mehr noch: Alle vier Parteien machen eine Einigung über eine „Ehe für alle“zur Bedingung für eine Koalition. Die Union ist zerrissen. Ihre Basis gilt als konservativer als die Führung, wo es Befürworter der „Ehe für alle“gibt, vor allem Präsidiumsmitglied Jens Spahn.
Was denkt die Bevölkerung?
In Umfragen spricht sich die große Mehrheit der Deutschen regelmäßig für die Ehe für alle aus. Immerhin 75 Prozent waren es bei einer Umfrage von Emnid noch im April.
Warum ist die „eingetragene Lebenspartnerschaft“noch keine Ehe? Die eingetragenen Partnerschaften wurden in Deutschland im August 2001 eingeführt. Schwule und lesbische Paare konnten danach erstmals nach dem Gesetz heiraten. Im Laufe der Jahre sind ihre Rechte und Pflichten denen herkömmlicher Ehen angeglichen worden, beispielsweise im Steuerrecht. Aber noch immer gibt es Nachteile gegenüber der traditionellen Ehe. Sichtbar werden sie besonders bei der Adoption eines Kindes: Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft dürfen kein fremdes Kind adoptieren.
Was wollen die Kirchen?
Die Meinungen der beiden großen Konfessionen könnten in dieser Frage unterschiedlicher kaum sein. 19 von 20 evangelische Landeskirchen segnen inzwischen homosexuelle Paare öffentlich. Allerdings herrscht in der evangelischen Kirche Unmut über die Schnelligkeit, in der in Berlin eine Entscheidung fallen soll. Ein Sprecher der EKD sagte dieser Zeitung: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Es ist bedauerlich, dass diese Frage jetzt unter dem Zeitdruck einer zu Ende gehenden Legislaturperiode entschieden werden soll.“
Die römisch-katholische Kirche ist gegen die „Ehe für alle“. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch sagte am Wochenende, die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare sei ein Bruch mit dem Jahrhunderte alten Eheverständnis.