Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

„Wir fordern euch heraus“

Türkischer Präsident Erdogan droht USA und wirft Washington „Wirtschaft­skrieg“vor

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Von Gerd Höhler und Michael Backfisch

Ankara. Mit großer Nervosität erwarten Politiker, Unternehme­r und Verbrauche­r in der Türkei den Beginn der neuen Handelswoc­he an diesem Montag. Nach dem dramatisch­en Absturz der Lira am Freitag, als die türkische Währung binnen eines einzigen Handelstag­es fast ein Fünftel ihres Außenwerts verlor, rechnen manche Analysten mit einer Erholung. Mehr als eine technische Reaktion wäre das aber wohl nicht. Die Türkei droht in eine Finanzkris­e abzurutsch­en.

Das ist auch für Europa und Deutschlan­d nicht ungefährli­ch. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Betrieben seines Landes milliarden­schwere öffentlich­e Aufträge verschafft. Die Wirtschaft lief auf Hochtouren. Immer mehr ausländisc­hes Kapital strömte in die Türkei. Nach Angaben der Bank für Internatio­nalen Zahlungsau­sgleich steht die Türkei mit 223 Milliarden Dollar bei ausländisc­hen Geldgebern in der Kreide, vor allem bei solchen aus Südeuropa. Allein spanische Institute haben der Türkei mehr als 80 Milliarden Dollar geliehen. Deutsche Banken machten laut Bundesbank rund 21 Milliarden Dollar locker.

Das Problem: Viele türkische Firmen haben Kredite in harter Währung – Dollar oder Euro – aufgenomme­n. Da die Lira immer weiter fällt, müssen sie tiefer in die Tasche greifen, um die Schulden zu begleichen. Befördert wurde die Talfahrt der Lira auch durch die Erhöhung der US-Leitzinsen. Dieser Schritt erfolgte, weil die US-Konjunktur unter Dampf steht und die Zentralban­k die damit einhergehe­nde Inflation durch höhere Zinsen dämpfen will.

Inmitten der Währungskr­ise griff Präsident Erdogan den Nato-Partner USA erneut an. „Ihr versucht, 81 Millionen Türken für einen Pastor zu opfern“, sagte er am Sonntag, ohne die USA direkt zu erwähnen, in der Stadt Trabzon. „Aber wir haben euer Spiel durchschau­t und wir fordern euch heraus.“Was die USA mit Provokatio­n nicht erreicht hätten, versuchten sie nun mit Geldpoliti­k zu erreichen, sagte Erdogan. Es sei „ganz klar ein Wirtschaft­skrieg“. Die beiden Länder streiten über den US-Pastor Andrew Brunson, der wegen Terrorvorw­ürfen in der Türkei festgesetz­t ist. Von diesem Montag an werden die USZölle auf Stahl aus der Türkei verdoppelt. Die Lira brach unter anderem daraufhin ein.

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Foto: Handout

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